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  • Torfabbau und seine Folgen

Fürs Klima versumpft

Umweltschützer werben dafür, Moore als Speicher von Treibhausgasen zu erhalten

  • Susanne Aigner
  • Lesedauer: 5 Min.

Früher diente Torf vor allem als Brennstoff. Heute verwendet man ihn in Kosmetika und in der Medizin. Auch Blumenerde in Gartencentern enthält meist Torf. So verbrauchen deutsche Garten- und Gemüsebauern jährlich acht Millionen Kubikmeter Torferde, weitere zweieinhalb Millionen Kubikmeter Torf nutzen Hobbygärtner im Garten und auf Balkonen. Doch den Wenigsten ist bewusst, dass sie mit dem Kauf torfhaltiger Erde zur Vernichtung von Lebensräumen beitragen.

Seit dem 17. Jahrhundert werden Moore entwässert, um sie als Ackerflächen zu nutzen oder Torf als Brennstoff zu gewinnen. In Russland geschieht das seit den 1930er Jahren. Ob im Baltikum, Polen, Russland, Indonesien oder China - wo Moore entwässert werden, werden gigantische Mengen an Treibhausgasen frei, teils direkt durch Zersetzung der organischen Stoffe, teils bei Bränden. Mittlerweile verursacht die Zerstörung der Moore 30 Prozent der landwirtschaftlichen Treibhausgas-Emissionen.

Andreas Hermann, Moorexperte beim Naturschutzbund Deutschland (NABU), schätzt die Gesamtemission an Treibhausgasen aus Mooren in Deutschland auf etwa 45 Millionen Tonnen (fünf Prozent aller Emissionen). Das ist die höchste moorbedingte Menge an Treibhausgasen in der EU. Weltweit steht Deutschland an neunter Stelle der Treibhausgas-Emissionen aus zerstörten Mooren.

Hierzulande seien gesunde, baumfreie Moore nur noch zu einem Prozent erhalten, klagt Heinz Klöser vom Umweltverband BUND. Vor allem in Niedersachsen wird Torf abgebaut: Mit rund 200 000 Hektar befinden sich hier zwei Drittel der deutschen Hochmoore. Niedermoore kommen hier mit rund 190 000 Hektar am dritthäufigsten vor. Bezogen auf die niedersächsische Moorfläche wurden 2013 zwei Drittel in Grünland und 13 Prozent in Acker umgewandelt. Der Torf aus sechs Prozent der Hochmoore wurden abgebaut.

Dabei hat sich die Umwandlung von Mooren in Ackerland nie wirklich gelohnt, die Kosten wurden durch den späteren Ertrag an Feldfrüchten kaum gedeckt. Felix Grützmacher vom NABU sieht naturverträgliche Nutzungsmöglichkeiten: So könnte man im Moor wachsendes Schilf als Brenn- oder Baustoff verwenden.

Ein Moor wächst durch abgestorbene Pflanzenteile. Unter Luftabschluss im wasserreichen Untergrund reichert sich organisches Material an. Bei ihrer Entstehung lagerten Moore über Jahrtausende große Kohlenstoffmengen ein. Die im Moor wachsenden Pflanzen speichern neben Kohlendioxid aus der Luft auch Phosphor und Stickstoff. Der Torf speichert doppelt so viel Kohlendioxid wie Wälder mit der gleichen Grundfläche.

Mehrere Meter mächtige Moore können der Atmosphäre riesige Mengen an klimaschädlichen Gasen entziehen. So binden gesunde Moore auf nur rund drei Prozent der globalen Fläche rund 30 Prozent aller Kohlenstoffvorräte der Böden. Das entspricht 40 bis 60 Prozent des gesamten in der Atmosphäre enthaltenen Kohlendioxids. Wird ein Moor trockengelegt, kommt der Torf, der vorher im bodennahen Wasser luftdicht abgeschlossen war, mit Sauerstoff in Berührung. Dadurch wird die organische Substanz, der Torf, mineralisiert und mikrobiell abgebaut. Infolgedessen entweicht nicht nur Kohlendioxid, sondern auch das rund 300 Mal klimaschädlichere Lachgas (N2O). Die in Niedermooren angelegten Entwässerungsgräben sind zusätzliche Quellen von Methan, welches rund 25 Mal klimaschädlicher ist als Kohlendioxid.

Ein intaktes Moor reguliert aber auch den Wasserhaushalt, saugt es doch bei Starkregen das Regenwasser auf wie ein Schwamm. Darüber hinaus bieten Moore Lebensraum für Moose, Schilf und Sauergräser. Mit ihrer Zerstörung verschwinden auf Moor spezialisierte Arten wie Sonnentau, Wollgras und einige Orchideen. Zwei Drittel der im Moor beheimateten Blütenpflanzen sind akut vom Aussterben bedroht. Bedroht sind außerdem Sumpfohreule, Birkhuhn und seltene Libellenarten wie die Große Moosjungfer und die Hochmoor-Mosaikjungfer.

Wo man Moore in Ruhe lässt, können manche wachsen - so wie im bayerischen Chiemgau. Das zeigt eine vergleichende Untersuchung der Ökologen Giselher Kaule und Alexander Peringer von der Universität Stuttgart aus den Jahren 1969 bis 1972 sowie 2010 (Berichte der Bayerischen Botanischen Gesellschaft, Bd. 81, S. 109). Während 1970 auf knapp 60 Hektar des Hochmoors die Torfschicht wuchs, war das vierzig Jahre später auf 248 Hektar so. Auf dem Hochmoor entwickelten sich reine Moorwälder. In den durch Alterung, Stürmen, Borkenkäfer u. ä. gelichteten Baumbeständen breiteten sich neben Kiefern Torfmoose und Moosbeeren aus. Die Übergangsmoore gingen durch Entwässerung und Nährstoffeinträge einerseits zu Seggen- und Hochstaudenfluren über, andere entwickelten sich zu Hochmooren weiter. Der Zustand der artenreicheren Niedermoore hingegen hat sich im gleichen Zeitraum verschlechtert. Strauchflechten waren nahezu verschwunden.

Kann man ein Moor einfach so wiederherstellen? Oft sind die Torfböden stark degradiert und mit Nährstoffen angereichert, erklärt Dominik Zak vom Fachgebiet Landschaftsökologie der Uni Rostock. Werde die Entwässerung gestoppt, bilde sich zunächst ein Flachgewässer. Jahrzehnte können vergehen, bis die moortypischen Pflanzen eingewandert sind. Wie lange es dauert, hängt letztlich von Standortbedingungen, Klima, Vegetation und Grundwasser ab. Torfmoose wachsen im Schnitt ein bis zwei Millimeter im Jahr. Die Flachgewässer, die bei der Wiedervernässung von Niedermooren entstehen, emittieren anfangs verstärkt Methan.

Im Rahmen des fünf Jahre andauernden LIFE-Projekts Peat Restore will die EU Moore in Polen, Lettland, Litauen, Estland und Deutschland auf einer Fläche von 5300 Hektar renaturieren. Dabei sollen Ausstoß und Speicherung klimarelevanter Gase, Wasserstände sowie Flora und Fauna dokumentiert, Wiedervernässungsmaßnahmen getestet und potenzielle Klimaeffekte berechnet werden. Bis 2021 stellt die EU dafür sechs Millionen Euro bereit. Auch in Deutschland füllt man Entwässerungsgräben entlang ehemaliger Moore wieder mit Erde auf. In den wiedervernässten Lebensräumen tummeln sich mittlerweile Rehe, Kiebitze, Kraniche, Schnepfen und Graugänse. Mancherorts weiden sogar Wasserbüffel: Sie sollen das Moor vor Verbuschung schützen.

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