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Kohle-Ausstieg mit Ausnahmen
Der Rückversicherungsriese Munich Re verkündet Einschränkungen im Geschäft mit der Branche
Die anhaltende Hitze und Trockenheit in weiten Teilen Europas ist nicht nur für Landwirte ein großes Problem, auch in den Risikoforschungsabteilungen der Versicherer studiert man besorgt die Wettervorhersagen. Zwar sind in Deutschland nur wenige Agrarbetriebe gegen Dürreschäden abgesichert, denn die Prämien der Policen sind extrem teuer. Aber in Südeuropa ist dies dank staatlicher Förderung durchaus üblich. Ob sich die Trockenheit beim weltweit zweitgrößten Rückversicherungskonzern Munich Re schon im ersten Halbjahr 2018 ausgewirkt hat, wird man bei der Bilanzpräsentation an diesem Mittwoch sehen.
Der Finanzriese will die Klimawandelfolgen künftig nicht mehr nur anlysieren und schränkt seine Geschäfte mit einem Sektor ein, der zu den größten Treibhausgasemittenten gehört: Das Unternehmen werde »künftig keine neuen Kohlekraftwerke oder -minen in Industrieländern mehr versichern«, schrieb Konzernchef Joachim Wenning am Montag in der »FAZ«. Außerdem wolle Munich Re künftig weder in Aktien noch in Anleihen von Unternehmen investieren, die mehr als 30 Prozent ihres Umsatzes mit Kohle erzielten. Zuvor hatten bereits Versicherungskonzerne wie Allianz, AXA, SCOR, Swiss Re und Zurich ähnliche Einschränkungen verkündet. Sie alle bekennen sich zum Ziel des Pariser Klimaabkommens, die Erderwärmung auf maximal zwei Grad Celsius gegenüber der vorindustriellen Zeit zu begrenzen.
Tatsächlich ist der Klimawandel mit seinen sich häufenden Extremwetterereignissen für die Versicherungsbranche ein zweischneidiges Schwert. Einerseits freut sie sich über größere Nachfrage nach ihren Produkten und kann höhere Prämien verlangen. Auch die G7-Initiative zum Aufbau internationaler Klimaversicherungen für arme Entwicklungsländer stößt bei den Unternehmen auf Zustimmung. Andererseits sind die Schadenssummen durch Naturkatastrophen nur noch schwer kalkulierbar und können Größenordnungen annehmen, die schwer zu stemmen sind. Dieses Risiko trifft gerade Rückversicherer wie Munich Re, bei denen sich Erstversicherer finanzielle Rückendeckung einkaufen. Kaum jemand in der Privatwirtschaft beschäftigt sich daher so intensiv mit Daten und Hintergründen von Naturkatas-trophen. Die Experten teilen die Ansicht, dass häufigere Hitze- und Trockenperioden, heftigere Starkniederschläge und deutlich mehr Wirbelstürme der höchsten Kategorie die Klimawandelwelt prägt.
Gleichzeitig empfiehlt Munich Re, mit klugen Präventionsmaßnahmen Schäden vorzubeugen. Dazu zählt neben besserem Hochwasserschutz eben auch die Dekarbonisierung, also der Ausstieg aus der Verbrennung fossiler Brennstoffe. Wenn den Kohlefirmen nun die Financiers und Versicherer abhanden kommen, dürfte es für sie eng werden. Gemessen an den gebuchten Prämien hat fast die Hälfte des globalen Rückversicherungsmarktes seine Kohle-Investitionen eingeschränkt. Die Entscheidung von Munich Re werde »den Druck auf die gesamte Branche weiter erhöhen, klimaschädliche Kohlegeschäfte zügig zu beenden«, zeigen sich die Aktivisten der Kampagne Unfriend Coal überzeugt. Ihr haben sich große Umweltorganisationen weltweit angeschlossen, um die Versicherer zum Kohle-Ausstieg zu bewegen. Bei Munich Re hatte es viel Drucks bedurft - etwa mit einer von 850 000 Menschen unterzeichneten Petition. Konzernchef Wenning weigerte sich dennoch lange, entsprechende Schritte einzuleiten. Die Erstversicherungstochter Ergo Hestia versicherte munter weiter Kohleprojekte in Polen. Allein seit 2013 waren es 18, wie Recherchen der polnischen Nichtregierungsorganisation Development YES - Open-Pit Mines NO ergaben. Darunter befindet sich auch das größte im Bau befindliche Kohlekraftwerk der EU in Opole bei Wroclaw, das 2019 in Betrieb gehen soll.
Und auch künftig gibt es Ausnahmen, etwa für Projekte in Schwellen- und Entwicklungsländern. Dies werde nach Einzelfallprüfung geschehen, deren Kriterien erst noch festgelegt werden sollen, teilte das Unternehmen mit. Auch werde man sich von alten Großkunden nicht von heute auf morgen trennen. Lucie Pinson von Unfriend Coal mahnt daher: »Munich Re sollte anderen Versicherern wie der Allianz folgen, die die Unterstützung für Kohle konsequenter ausgeschlossen haben.«
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