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Die sanfte Gewalt

Jean Feyder appelliert an alle Demokraten: Leistet Widerstand!

Es ist erstaunlich, was das kleine Großherzogtum Luxemburg mit gerade mal 600 000 Einwohnern für große respektive einflussreiche Männer hervorbringt. Vor Jean-Claude Juncker waren schon zwei Luxemburger Präsident der Europäischen Kommission: Gaston Thorn und Jacques Santer, beide auch Premier ihres Landes.

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Jean Feyder: Leistet Widerstand! Eine andere Welt ist möglich.
Westend-Verlag, 255 S., br., 18 €.

Radikaler und konsequenter als die beiden ist im Denken und Handeln Jean Feyder, einst Direktor für Entwicklungszusammenarbeit im luxemburgischen Außenministerium und ständiger Vertreter bei den Vereinten Nationen in Genf. Seit dem Ende seiner diplomatischen Karriere mischt er sich publizistisch in politische Debatten ein. Bei Westend ist von ihm bereits vor acht Jahren die Kritik »Mordshunger. Wer profitiert vom Elend der armen Länder?« erschienen, mit einem Vorwort von Juncker,

Man fühlt sich erinnert an das »Empört euch!« des französischen Résistancekämpfers und Mitautors der UN-Menschenrechtserklärung Stéphane Hessel sowie an Streitschriften des Schweizer Globalisierungskritikers und einstigen UN-Sonderberichterstatter für das Recht auf Nahrung, Jean Ziegler. Wie jene treibt ebenso den 1947 geborenen Doktor der Rechte aus Luxemburg globales Elend und Ungerechtigkeit ernsthaft um. Wie jene benennt er die Schuldigen mit Namen, egal ob sie in West oder Ost, Nord oder Süd ihre Firmensitze haben, prangert Terror und Unterdrückung sowie rücksichtsloses Geschäftsgebaren gegen Mensch und Natur an.

In Feyders Buch findet sich denn auch eine Hommage an Hessel. Und es verwundert nicht, dass diesmal Ziegler das Vorwort verfasste; während Juncker ob der unter seiner Ägide afrikanischen Staaten abgepressten Partnerschaftsabkommen (WPA) scharf kritisiert wird. Ziegler zitiert Bert Brecht: »Ja, ich glaube an die sanfte Gewalt der Vernunft«, nennt Feyder einen »klugen, unbeugsamen Feind der neoliberalen Wahnidee« und lobt ihn, als eidgenössischer Fan des Augsburger Dichters erneut mit Brecht: »So viel ist gewonnen, wenn nur einer aufsteht und Nein sagt!«

Als Feyder bei der Welthandelsorganisation Vorsitzender eines Unterausschusses für die am wenigsten entwickelten Länder war, erlebte er leibhaftig, wie die WTO »weitgehend« die Interessen der reichen Länder vertritt und unter dem Vorwand der Integrierung der Afrikaner in die Weltwirtschaft Anpassungsprogramme zu deren Schaden diktiert, sie dazu zwingt, Agrarrohstoffe für den Export zu fördern, die eigene Nahrungsmittelproduktion zu vernachlässigen und einheimische Bauern nicht zu subventionieren, ihre Märkte weiter zu öffnen und Zölle herabzusetzen. »Das führte zu Handelsdefiziten und erhöhten Schulden und schließlich zur Ausbreitung von Armut und Hunger.« Feyder spricht von einer »europäischen Doppelzüngigkeit« in der Armutsbekämpfung.

Allzu kapitalfreundliches, kapitalhöriges Gebaren schadet aber auch westlichen Staaten, wie Feyder anhand des CETA-Abkommens und ähnlichen Verträgen beweist, die Arbeits-, Sozial-, Umwelt- und Verbraucherschutzstandards aushebeln, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit aushöhlen. Er klagt die Griechenland oktroyierte Austeritätspolitik an, erinnert an den Luxleaks-Skandal (»aggressive Steuervermeidungsmodelle«) sowie an das Internationale Monsanto-Tribunal, entlarvt die Glyphosat-Mafia und Lobbyisten aller Sparten und aller Herren Länder. Unter der programmatischen Überschrift »Eine andere Welt ist möglich« verweist er auf Alternativen und Ansätze in die richtige Richtung, etwa die Ernährungssouveränität im Baskenland. Er würdigt Hugo Chávez, der in Venezuela 40 Prozent des Haushaltes in soziale Bereiche steckte, und verteidigt gegen westliche Vorwürfe das Reformvorhaben des philippinischen Präsidenten Rodrigo Duterte (dessen brutale, rechtlich fragwürdige Kriminalitätsbekämpfung freilich nicht gutzuheißen ist). Feyder fragt, wie es um die Umsetzung der UN-Menschenrechtsdeklaration steht, wenn täglich 25 000 Erdenbürger, hauptsächlich Kinder, an Unterernährung sterben und eine Milliarde Menschen jeden Tag Hunger leiden. Energisch fordert er, »den wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte dieselbe Bedeutung beizumessen wie den zivilen und politischen«.

Ein wichtiges Buch gegen Rassismus, Intoleranz und die Oligarchie zügelloser Profitmaximierer, das in die Bibliothek eines jeden linken Aktivisten gehört.

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