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Die lustige Witwe
Wie das Bauhaus politisch und entpolitisiert wurde
Das Bauhaus wird dieses Jahr anlässlich seines 100. Jubiläums gefeiert. Es werden bundesweit Bauhaus-Museen eröffnet, Bauhaus-Touren gemacht und Bauhäuser neuentdeckt. Fast jede künstlerische oder kulturelle Einrichtung versucht, ihren Beitrag zum Bauhausjubiläum zu leisten. 100 Jahre Bauhaus ist aber zugleich ein Anlass dafür, die Bauhaus-Geschichte erneut zu erzählen und dabei auch einige kritische Punkte zu erläutern.
Das staatliche Bauhaus wurde 1919 in Weimar als Kunstgewerbeschule und Kunstschule gegründet. Man wollte vor allem Kunst, Handwerk und Industrie zusammenbringen. Die Schule war finanziell von der Förderung der Regierung abhängig. Als die Rechtskonservativen 1924 die Mehrheit im Thüringischen Landtag errangen, verweigerten sie dem Bauhaus das Geld. Der erste Direktor des Bauhauses, Walter Gropius, hatte trotzdem eine gute Lobby. Prominente wie Albert Einstein, Marc Chagall und Arnold Schönberg waren bereit, die Schule zu unterstützen. Es gab außerdem Interessenten aus ganz Deutschland, die alle das Bauhaus zu sich holen wollten. Oskar Schlemmer, einer der Bauhausmeister, beschrieb die Situation so: »Das Bauhaus ist eine Art lustige Witwe, und es mehren sich die Freier.« Am Ende gewann Dessau diese lustige Witwe. Die sozialdemokratische Dessauer Regierung lud die Schule in ihre Stadt ein, vor allem in der Hoffnung, dass das Bauhaus eine Lösung für die Wohnungskrise finden würde. Den Massen billigen Wohnraum anzubieten, war eins der Versprechen der Bauhäusler. Doch Gropius’ Großtechnik war im Endeffekt immer teuer.
Dies ist eine Kritik, die auch heute und in seinem 100. Jubiläumsjahr am Bauhaus geübt wird. Etwa im Haus der Kulturen der Welt wurde unter dem Titel »Wie politisch ist das Bauhaus« unter anderem über die Zusammenhänge zwischen Bauhaus und Stadtentwicklung diskutiert. Am Beispiel der Bauhaussiedlung Dessau-Törten, die im Auftrag der Stadt Dessau von Walter Gropius konzipiert wurde, erläuterte der Architekt Philipp Oswalt, wie eine meist-gefeierte Arbeitersiedlung in der Tat gefertigt wurde. Die Kosten sollen den Stadthaushalt in eine Krise gebracht haben. In drei Bauabschnitten entstanden 314 Reihenhäuser mit Wohnflächen zwischen 57 und 75 Quadratmeter. Kurz nach der Fertigstellung zeigten sich dann Bau- und Planungsmängel. Die Fenster waren teilweise zu klein oder zu hoch, so dass die Bewohner nicht richtig herausschauen konnten. Sie mussten zahlreiche Veränderungen vornehmen. Die Häuser hätten keine Bäder gehabt, die Leute sollten sich in der Küche waschen, sagte Oswalt bei seiner Präsentation. In einer anschließenden Diskussion wurde vor allem kritisiert, dass die Bauhäusler nicht entsprechend der Bedürfnisse der Menschen gebaut hätten, sondern durch die Gestaltung über die Massen bestimmt hätten, wie sie wohnen und was für Bedürfnisse sie haben sollten.
Die Siedlung Törten hat auch der zweite Bauhausdirektor, Hannes Meyer, erweitert. Wenn Gropius’ Motto »die Einheit von Kunst und Technik« war, war Meyers Parole: »Volksbedarf statt Luxusbedarf«. In Sachen Lehre brachte Meyer die Studierenden von den Werkstätten auf die Baustellen. Das hat er »Vertikale Brigaden« genannt, so war das ganze Bauhaus-Kollektiv an den Projekten beteiligt und nicht nur das Architekturbüro. Und viel früher als die Poststrukturalisten wie Roland Barthes und Michel Foucault, die »den Tod des Autors« zum Thema gemacht haben, hatte Hannes Meyer gemeint: »Der Architekt ist tot.« Er sah sich ja als einen Teil des Kollektivs. Vielleicht ist er deswegen ein eher unbekannter Bauhausdirektor, während Walter Gropius und Mies van der Rohe (er war der dritte und letzte Direktor) international als Architektengenies gefeiert werden. Meyers politisches Bauhaus sowie sein Marxismus wurden nicht so lange geduldet. Er wurde nach zwei Jahren entlassen. In einem Brief schrieb Gropius, Meyer habe mit seiner Weltanschauung des politischen Materialismus die Idee des Bauhauses zersetzt und die Existenz des Instituts aufs Spiel gesetzt. Mies van der Rohe habe nach Meyers Weggang erst einmal mit Hilfe der Polizei die Disziplin wiederherstellen müssen.
Ludwig Mies van der Rohe hat also das Bauhaus entpolitisiert. Im Gegensatz zu Meyer interessierte er sich für Luxus. Viele seiner Villen waren eher für reiche Menschen gedacht, es war auch Raum für Hauspersonal eingeplant. In der Schule wurden die politischen Aktivitäten, die Versammlungen, sogar das Rauchen verboten. Man sollte lieber die Entwürfe der Einfamilienhäuser des Meisters kopieren. Unter Mies van der Rohe war der Frauenanteil in der Schule am niedrigsten. Da studierten 119 Männer und nur 51 Frauen, während im Gründungsjahr des Bauhauses fast 50 Prozent der Studierenden weiblich waren. Jedoch landeten die Frauen fast immer in der Textilwerkstatt. Die erste Bauhaus-Meisterin, Gunta Stölzl, war Werkmeisterin in der Weberei.
1931 gewann die NSDAP die Wahl in Dessau und setzte die Schließung des Bauhauses durch. Mies van der Rohe versuchte, die Schule als private Einrichtung in Berlin fortzuführen. 1933 wurde das Bauhaus durch Repressalien der Nazis aufgelöst.
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Die Schule war immer das Ziel der Attacken der Rechtskonservativen und Rechtsradikalen. Das wurde auch in der besagten HKW-Veranstaltung betont, um dann einen Vergleich mit kulturellen Institutionen zu ziehen, »die heute unter Beschuss von rechts stehen«. Wie man heute - nach 100 Jahren also - mit Rechtsextremismus umgehen muss, ist eine zentrale Frage, die im Bauhaus-Jubiläumsjahr zu stellen ist.
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