- Wirtschaft und Umwelt
- Krise der Landwirtschaft
US-Bauern im Schuldensumpf
Viele Farmen schreiben rote Zahlen. Das passt nicht in Trumps Wiederwahlkampf
»Ich schätze, dass der Anbau von Lebensmitteln für die Wall Street einfach nicht mehr profitabel genug ist«, schreibt Jim Goodman auf Facebook. Der Milchbauer aus Wisconsin beschreibt ein generelles Phänomen in den Agrarregionen der USA: Die finanzielle Lage vieler Bauern ist erheblich angespannt. Alleine im vergangenen Jahr meldeten fast 500 Kleinbauern Konkurs an. Im Jahr 2014 waren es noch rund 360, wie aus Akten des zuständigen Bundesgerichts hervorgeht. Auch ist das Nettoeinkommen der überlebenden Farmer seit 2013 um die Hälfte geschrumpft. Um sich über Wasser zu halten, sind sie auf Kredite angewiesen.
Die Gründe für die niedrigen Einnahmen seien ein Überangebot auf dem Markt, der Klimawandel und niedrige Agrarpreise, so die Federal Deposit Insurance Corporation (FDIC), die Bankkonten versichert. Mit dem Handelskrieg von Präsident Donald Trump gegen China hat sich die wirtschaftliche Situation vieler Bauern zudem noch verschärft. Als Vergeltung für dessen Strafzölle hat Peking Soja, Mais und Weizen aus den USA mit Zöllen belegt.
Viele Landwirte stehen nun vor der Herausforderung, ihre Kredite zurückzuzahlen. Die Ausfallrate für Agrardarlehen liegt bereits bei 1,53 Prozent - laut FDIC ist die Quote doppelt so hoch wie 2015.
Die aktuelle Lage ruft bei einigen Beobachtern Erinnerungen an die Konkurskrise der 80er Jahre im Mittleren Westen hervor. Damals waren hohe Schulden, hohe Ölpreise, das Überangebot und das Getreideembargo gegen die Sowjetunion zu viel für US-amerikanische Farmer.
»Landwirte und Viehzüchter beobachten, wie ihr Eigenkapital sinkt, während ihre Schuldenquote steigt und die Fremdfinanzierung ein 30-jähriges Hoch erreicht«, beschrieb Zippy Duvall, Präsident der American Farm Bureau Federation, vor dem Kongress die Lage zu Anfang dieses Sommers.
Nun berichtet die Nachrichtenagentur Reuters, dass sich die größten Banken nun aus dem Markt für Agrarkredite zurückziehen, auf den sie 2008 nach dem Zusammenbruch des Immobilienkreditmarktes drängten. Wenn zudem die Grundstückspreise sinken, hat dies weitere negative Auswirkungen auf die Vergabe von Krediten an die Bauern.
Linke Aktivisten machen die Regierung als Ursache des Problems aus. So begünstige das öffentliche Programm »Farm Credit« mittlerweile nicht mehr nur Landwirte, sondern auch Telekommunikations-, Krankenhaus- und anderen ländliche Projekte. »Farm Credit ist außer Kontrolle geraten - das ausgedehnte Regierungsprogramm bringt den Steuerzahler in Gefahr, während es die Bauern vernachlässigt, für die es geschaffen wurde«, sagte die Gruppe »Reform Farm Credit« in einer Erklärung.
Konservative Republikaner nutzen die Beschwerden als Argument für ihre Forderung nach mehr Deregulierungen. In seiner Rede während einer Anhörung des Bankenkomitees des US-Senats sagte dessen Vorsitzender Mike Crapo aus Idaho, dass der Kongress die Vorgaben an die maximalen Verschuldungsquoten der Banken abmildern solle. So könnten die Geldhäuser mehr Darlehen an Bauern geben. Derzeit müssten Banken zu viel Eigenkapital verwenden, wenn sie Kredite vergeben. Wenn wie jetzt zu wenige Darlehen vergeben werden, könnten die Landwirte das Wirtschaftswachstum beeinträchtigen, das Trump bei seinen Wiederwahlrallyes immer wieder anspricht, so Crapo. »Um den positiven wirtschaftlichen Kurs fortzusetzen, müssen die Behörden ihre Regulierungs- und Aufsichtsaktivitäten kontinuierlich auf Möglichkeiten zur zur Sicherstellung eines breiten Zugangs zu einer Vielzahl von Finanzprodukten und -dienstleistungen prüfen«, sagte der Republikaner.
Im Mai kündigte Trump Hilfen im Umfang von 16 Milliarden Dollar für die Bauern an, um die Folgen seines Handelskrieges abzufedern. Aber er hat China immer noch nicht aufgegeben. Kürzlich beschuldigte Trump die Führung in Peking, auf ein Geschäft zu verzichten, das sie abgeschlossen hatten, um mehr Soja und andere US-amerikanische Waren zu kaufen. »China lässt uns im Stich, weil sie die Agrarprodukte nicht von unseren großen Landwirten gekauft haben, von denen sie sagten, dass sie es tun würden«, tweetete er. »Hoffentlich fangen sie bald an!«
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!