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Afrikanischer Hoffnungsträger

Martin Ling über den Friedensnobelpreis für Abiy Ahmed

Barack Obama bekam den Friedensnobelpreis 2009 gewissermaßen als Vorschuss, der äthiopische Ministerpräsident Abiy Ahmed bekommt ihn als »Anerkennung und Ermutigung«. Abiy hat beides verdient und kann beides gebrauchen. Er hat seit seinem Amtsantritt im April 2018 in Äthiopien viel angestoßen, ob Friedensvertrag mit Erzfeind Eritrea oder die Freilassung Zehntausender politischer Gefangener, er hat die Führung des Militärs und das Kabinett ausgetauscht - das nun paritätisch besetzt ist - sowie die Zensur der Medien beendet. Er hat sich damit viele Feinde gemacht und mit der Öffnung der Tür zur Reformpolitik auch die Tür zu neuen Konflikten geöffnet, denn im Vielvölkerstaat melden viele ihre Ansprüche an, fast immer mit Recht, aber nicht selten mit Gewalt, die vom Militär mit Gewalt beantwortet wird. Viele Regionen wollen mehr Autonomie.

Abiy, der wie einst Gorbatschow aus dem Apparat kommt, den er mitsamt der Gesellschaft radikal reformieren will, steht am Anfang eines langen Weges mit ungewissem Ausgang. Schon längst vor seinem Amtsantritt gehörte das sich vor allem an China orientierende ostafrikanische Land mit über 100 Millionen Einwohnern zu den am schnellsten wachsenden der Welt. Abiy setzt diesen Kurs fort, bietet profitable Investitionsbedingungen für Investoren aus aller Welt, ohne die Dominanz des Staatssektors infrage zu stellen. Es ist ein Kurs mit sozialen Nebenwirkungen: Aus von ihrem Land für Großinvestoren vertriebenen Kleinbauern werden Tagelöhner. Mindestens 30 Millionen Äthiopier sollen arbeitslos sein. Die Reformdividende muss schnell kommen, damit Abiy seinen Kurs halten kann. Nur dann kann er vom Hoffnungsträger zum Modell werden.

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