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Die führende Umweltrolle
Die Linke legt ein Grundsatzpapier zu Klimaschutz und ökologischem Umbau vor
Seit die Grünen im Wahlkampf konkretere klimapolitische Ziele äußern, hagelt es Kritik. Der Vorwurf, deutlich höhere Spritpreise und Energiekosten seien unsozial, kommt von rechts und links – übrigens auch von Parteien, denen die soziale Frage ansonsten eher egal ist. Insofern ist die Kritik selbstgerecht, ja sogar läppisch – wenn sie nicht mit einem Konzept für die soziale Ausgestaltung des Kampfs gegen den Klimawandel verbunden wird.
Für die Linke erwächst daraus die Aufgabe, ein eigenes, unverwechselbares Profil zu gewinnen, das über die bloße Behauptung, die konsequenteste Umweltpartei zu sein, hinausgeht und deutlich macht, wo auf diesem Feld ihr Alleinstellungsmerkmal liegt. Am besten so deutlich, dass es bei einer relevanten Zahl von Wählerinnen und Wählern ankommt – angesichts aktueller Umfragewerte ein dringendes Ziel.
Nun ist die auch Forderung nach sozialem Ausgleich eine Banalität, wenn sie folgenlos erhoben wird – und, was den Neuigkeitswert betrifft, ein ebenso alter Hut wie das Bekenntnis zum Schutz der Umwelt. Davon reden längst alle Parteien; die Frage ist nur, mit welcher Konkretheit und Radikalität. In dieser Angelegenheit haben sich jetzt die beiden Spitzenkandidaten der Linken zur Bundestagswahl, Parteivorsitzende Janine Wissler und Fraktionschef Dietmar Bartsch, sowie Lorenz Gösta Beutin, Umweltexperte der Bundestagsfraktion, mit einem Grundsatzpapier zu Wort gemeldet.
Darin beanspruchen sie ganz unbescheiden eine Führungsrolle der Linken im Kampf gegen den Klimawandel und bezeichnen ihre Partei, so der Titel des Papiers, als »Sozialversicherung und Triebkraft beim Klimaschutz«. Die Linke wird als Klimaschutzpartei bezeichnet – eine Akzentsetzung, die in dieser Zuspitzung neu ist. Allerdings lehne die Linke es ab, »Klimapolitik vor allem über Preiserhöhungen zu betreiben«, denn dies »spaltet die Gesellschaft und nützt dem Klima wenig, weil die Besserverdienenden , die zu einem höheren CO2-Ausstoß beitragen, die höheren Preise problemlos zahlen können«, heißt es in dem Papier, das dem »nd« vorliegt. Eine solche Politik schade letztlich sogar dem Klimaschutz, »weil sie soziale Ungerechtigkeit verstärkt und die Akzeptanz vieler Bürgerinnen und Bürger schwindet«.
Stattdessen setzt die Linke, die ein klimaneutrales Deutschland bis 2035 anstrebt, auf ein »intelligentes Ordnungsrecht«. Das heißt: bei Bedarf und nach Möglichkeit große Stromkonzerne in öffentlicher Hand, massiver Ausbau der so genannten Erneuerbaren Energien, bevorzugt in Genossenschaften und auf kommunale Grundlage. Weitere Stichworte sind bezahlbares Wohnen und energetische Sanierung, eine preiswerte und gut ausgebaute Bahn, verstärkter öffentlicher Nahverkehr. Der ökologische Umbau der Industrie soll mit einem staatlichen Fonds in Höhe von 20 Milliarden Euro pro Jahr unterstützt werden. Davon sollen nach Vorstellung der Linken nur Unternehmen profitieren, »die Arbeitsplätze sichern, gute Löhne und flächendeckende Tarife haben«. Damit könnten innerhalb von zehn Jahren mehr als zwei Millionen neue, ökologische Jobs geschaffen werden.
Diese Erklärung der Linken ist eine Ansage für den Wahlkampf; auch der Versuch, die Rolle der Linkspartei in einer eventuellen grün-rot-roten Bundesregierung beispielhaft zu beschreiben. An die Adresse der Grünen heißt es, von deren »ohnehin schwammigem Konzept« bliebe in einer Koalition mit der Union »am Ende nur der höhere Preis«. Dass die Linke die soziale Frage betont, ist unbestritten; ihre Rolle als ökologische Triebkraft müsste sie erst noch beweisen.
Klar ist allerdings, dass der Klimawandel eine weitaus größere Bedrohung und Herausforderung als die Corona-Pandemie darstellt. Der Kampf dagegen muss natürlich sozial gestaltet werden; er ist aber gleichzeitig auch selbst Sozialpolitik. Denn nur, wenn die Lebensgrundlagen für alle erhalten bleiben, lässt sich ein soziales Zusammenleben organisieren. So gesehen ist die Klimafrage die entscheidende soziale Frage der Gegenwart und der zumindest näheren Zukunft. Das verlangt allen Parteien und der gesamten Gesellschaft Anstrengungen in einer ganz anderen Qualität ab als bisher.
Die Erklärung im Volltext: dasnd.de/Klima
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