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»Das Traurigste ist die Isolation«
Berlinale Wettbewerb: Die Darstellerin Maren Eggert wurde für den Film »Ich bin dein Mensch« mit dem Preis für die beste schauspielerische Leistung in einer Hauptrolle ausgezeichnet. Ein Gespräch über die Bären, Menschen und Roboter
Frau Eggert, den Film »Ich bin dein Mensch« haben Sie in der Pandemie gedreht. Wie war Ihre Erfahrung?
Ich war sehr froh, dass es überhaupt geklappt hat. Wir wollten eigentlich später drehen. Das ist noch mal vorgezogen worden - also wir haben im August 2020 gedreht -, denn die Infektionszahlen hatten sich etwas entspannt im Sommer. An mich kam das gar nicht so ran, weil die Produktion das sehr gut organisiert hat, das Drumherum. Also man entwirft dann ein Hygienekonzept, das ist dann mit Testings in einem bestimmten Abstand. Jetzt sind wir ja alle alte Hasen, was das angeht, aber da war das alles noch neu und musste erst mal erfunden werden. Das haben sie aber sehr gut gemacht, sodass ich das in der eigentlichen Drehsituation vergessen und relativ normal arbeiten konnte.
Maren Eggert ist 1974 in Hamburg geboren. Sie absolvierte eine Schauspielausbildung an der Otto-Falckenberg-Schule in München, spielte am Schauspielhaus Bochum, gehörte dem Ensemble des Thalia-Theaters in Hamburg an und ist seit 2009 festes Ensemblemitglied am Deutschen Theater in Berlin. Auch in Kino-Filmen wie »Die Apothekerin«, »Das Experiment« und »Das Gelübde« war sie zu sehen. Für ihre Darstellung in »Die Frau am Ende der Straße« wurde Eggert mit dem Deutschen Kritikerpreis ausgezeichnet. In den Kieler »Tatorten« hat sie von 2003 bis 2010 und erneut 2015 die Rolle der Polizeipsychologin Frieda Jung gespielt. Mit Maren Eggert sprach Bahareh Ebrahimi.
Im Film spielen Sie die Wissenschaftlerin Alma Felser, die einen humanoiden Roboter als Partner testen soll. Mit wem der Mensch glücklich ist, ist mittlerweile sehr verschieden, sei es mit einem anderen Menschen, einem Hund oder sogar einer Puppe. Und irgendwann könnte man sich vielleicht den perfekten Partner basteln lassen, wie es in »Ich bin dein Mensch« thematisiert wird. Wie betrachten Sie diese Art von Künstlicher Intelligenz? Sind Sie wie Alma skeptisch?
Ich glaube, dass es für bestimmte Situationen schon Sinn ergibt. Ich meine, wir wissen ja von Pflegerobotern und Roboter-Haustieren, was sehr gut funktioniert und für manche Menschen total passt. Da habe ich auch nichts daran auszusetzen. Ich selber bin eher skeptisch und damit auch noch nicht so viel in Berührung gekommen. Ich würde immer lieber denken, wir haben ja sehr viele Menschen auf der Welt, es müsste doch eigentlich klappen, dass man einen anderen Menschen findet. Aber ich bin da auch nicht dogmatisch. Also wenn es denn für jemanden Künstliche Intelligenz sein soll, dann bitte sehr. Aber für mich vielleicht eher nicht.
Was war das Besondere an der Zusammenarbeit mit Regisseurin Maria Schrader?
Sie ist einerseits eine unheimlich energetische Person, also bringt unheimlich viel Energie und Kraft mit. Und das Projekt ist auch von ihr, also wurde von ihr mitgeschrieben. Und sehr kompromisslos ist sie - sie hört einfach nicht auf zu arbeiten, bis sie nicht wirklich ganz zufrieden ist. Und das ist schon in der Konsequenz ungewöhnlich, weil man doch immer bestimmte Zwänge hat wie Zeit oder Budget. Und da setzt sie sich gerne mal darüber hinweg. Andererseits haben wir beide, glaube ich, total davon profitiert, dass sie auch Schauspielerin ist. Da konnten wir uns sehr schnell verständigen über bestimmte Herangehensweisen an Szenen oder Techniken oder vielleicht auch nur eine Gefühlsverwaltung. Da weiß sie, was ich tue in dem Moment. Das ist dann schon anders als mit einem Regisseur, der nicht spielt.
Ich frage Sie nun einfach das, was Alma im Film den Roboter Tom gefragt hat: Was ist das Traurigste, was Sie sich vorstellen können?
Ich finde, Tom gibt schon eine sehr gute Antwort, die mir jetzt natürlich immer sofort als Erstes im Ohr ist: Allein zu sterben, ist schon sehr traurig. Aber wenn man nun im Leben noch mal guckt, ohne gleich an den Tod zu denken, ist das Traurigste vielleicht die Isolation. Wir haben ja durch diese lange Zeit der Pandemie auch erfahren, was Isolation bedeutet, die Einsamkeit, dieses Kontakt-Reduzieren. Allein schon, dass ich, wenn ich jemanden umarmen will, kurz überlege: Darf ich das jetzt oder nicht? Das finde ich im Moment schon ziemlich traurig, muss ich sagen.
Und was würden Sie als Allererstes solch einen Roboter fragen?
Ich glaube, mich würde schon am brennendsten interessieren: Wer bist du? Kannst du irgendwie beschreiben, ob du eine Innerlichkeit hast, irgendein Bewusstsein über etwas?
Der Film ist tief, aber auch sehr humorvoll. Auch Ihr Charakter Alma ist zwar eine ernste Wissenschaftlerin, aber schon humorvoll. Und das liegt auch an Ihrem Spiel. Sind Sie ein lustiger Mensch?
(lacht)
Ja, ich glaube schon. Mir wird immer in den Rollen sehr viel Ernstes zugeschrieben, aber ich bin eigentlich schon eher lustig. Also mein Privatleben ist eher lustig.
Wie haben Sie denn diese Pandemie für sich erträglicher gemacht?
Im ersten Moment waren wir ehrlich gesagt gar nicht so unzufrieden mit der Situation, weil wir seit Langem diese Möglichkeit nicht hatten, als Familie mal in Ruhe Zeit miteinander zu verbringen. Es war am Anfang wirklich wie eine Auszeit - ich habe das auch noch nicht so doll ernst genommen, sondern dachte: Okay, das ist jetzt eine Weile, und dann geht’s normal weiter. Doch je mehr das fortgeschritten ist, desto mehr Sorgen haben wir uns gemacht und desto schwieriger wurde es natürlich auch, den Alltag zu gestalten. Aber insgesamt haben wir es als Familie auf eine Art gut für uns genutzt. Es hat uns auch noch mal verändert und mehr zusammengebracht.
Auch was die schulischen Sachen angeht, kann ich durchaus auch Positives sehen. Natürlich war das einerseits eine Belastung. Andererseits habe ich einen Einblick bekommen, wie sie eigentlich unterrichten. Und wenn jetzt mein Sohn mit Hausaufgaben nach Hause kommt, dann weiß ich sehr viel schneller, um was es geht und wie das gemeint ist.Also es ist ja klar, dass die Pandemie sehr viel Negatives gebracht hat. Aber wir haben immer versucht, so ein bisschen die Vorteile daraus zu ziehen - vielleicht kann man es so beschreiben.
Sie spielen in Theater, Kino, Fernsehfilmen; viele kennen Sie als Kriminalpsychologin Frieda Jung aus dem »Tatort«. Welche Ihrer Rollen war für Sie ganz besonders?
Das ist natürlich immer die Rolle, die gerade präsent ist. Mich beschäftigt momentan Alma Felser, über die ich jetzt viel rede und wofür ich viel gearbeitet habe.
Und welche Rolle würden Sie gerne spielen?
Ich habe mir ein bisschen abgewöhnt, mir Ziele zu stecken. Weil ich erstens festgestellt habe, dass es meistens doch nicht so kommt, wie man sich das vorher vorgestellt hat. Und zweitens bin ich irgendwie viel besser damit gefahren, zu gucken, was kommt, um das zu nehmen und zu verwandeln.
Denken Sie, dass sich jetzt nach dem Silbernen Bären etwas verändern wird?
Also meine Kollegin Birgit Minichmayr hat gesagt, dass sie nach dem Silbernen Bären 2009 ein Jahr lang keine Angebote gekriegt hat! (lacht) Was ich damit sagen will: Solch ein bedeutender Preis ist in erster Linie eine Ehrung, die ein Meilenstein in der Karriere jedes Schauspielers ist, fast wie ein Gütesiegel, das man bekommen hat. Er ist jedoch nicht zwangsläufig ein Turbo-Beschleuniger für das Auftragsbuch. Es ist jetzt nicht so, dass es von heute auf morgen vom Himmel regnet.Aber ich habe zum Beispiel im Winter ein Projekt, das ist deutsch-französisch. Da hat es durchaus in dem Förderungsmechanismus für den Film ein bisschen geholfen, dass ich auf der Berlinale ausgezeichnet wurde.
Schauen Sie sich auch den »Tatort« an? Oder spielen Sie nur mit?
Ich schaue das auch, weil ich auch viele Kollegen kenne, die selber Kommissare sind. Und das ist für mich, wenn ich dazu komme, ein totales Vergnügen, zu gucken, was sie so machen.
»Ich bin dein Mensch«: Deutschland 2021. Regie: Maria Schrader; Buch: Jan Schomburg, Maria Schrader, frei nach Motiven der Erzählung »Ich bin dein Mensch« von Emma Braslavsky. Mit: Maren Eggert, Dan Stevens, Sandra Hüller, Hans Löw. 105 Min. Ab 1. Juli im Kino.Das »nd« bleibt gefährdet
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