- Berlin
- Frauengesundheit
Frauen mit Finanzlücke
Feministisches Gesundheitszentrum kämpft mit Geldproblemen
Viele Nachfragen zum Impfen gebe es, erzählt Martina Schröder. Sie arbeitet seit 1989 als Diplompädagogin im Leitungsteam des Feministischen Frauengesundheitszentrums (FFGZ). »Themen wie Impfen und Schwangerschaft oder Veränderungen der Menstruation nach der Impfung werden oft bei uns angefragt, aber es gibt noch keine zuverlässigen Informationen und Studien dazu«, berichtet sie. »Fragen zum Thema Frauengesundheit und Impfen stehen nicht auf der Prioritätenliste - das muss sich ändern«, fordert Schröder.
Gerade Frauen finden sich oft in Situationen, in denen spezifische Informationen für ihre Gesundheit nicht vorhanden oder schwer zugänglich sind. Deshalb sind Orte wie das FFGZ in Schöneberg so wichtig. Entstanden ist es aus der Frauengesundheits- und Selbsthilfebewegung; seit 1974 können sich Frauen hier über gesundheitliche Themen informieren, sich treffen und austauschen und in Beratungen und Workshops Unterstützung bekommen.
Allgemein würden Frauen die Hauptlast der Versorgungsarbeit zu Hause tragen, was sich in Pandemiezeiten auch verstärkt auf deren Gesundheit auswirke, erklärt Leiterin Martina Schröder. »Das haben wir auch hier gesehen. Frauen suchen Unterstützung im Sinne von Bewältigungsstrategien und sind von jetzt auf gleich in Situationen gekommen, die absolut belastend waren und wo es wenig Unterstützung gab«, sagt die Diplompädagogin.
Gerade in der Zeit nach dem ersten Lockdown im vergangenen Jahr habe sich gezeigt, dass Frauen ein sehr großes Bedürfnis danach hatten, wieder zusammenzukommen. »Das ist hier auch ein physischer Schutzraum, was auch sehr wichtig ist für die Frauen«, erzählt die Pädagogin. Für die Kurse und Workshops sei der offene und persönliche Austausch der Frauen untereinander sehr wichtig. Durch den Wegfall von Unterstützungsangeboten, die allgemeine Verunsicherung und das »Zu-Hause-Festsitzen« hätten diese es besonders schwer. »Das hat oft zu Verstärkungen der Symptome und einer stärkeren Einsamkeit geführt«, sagt Schröder.
Unterstützungsangeboten für Frauen, die von häuslicher und sexualisierter Gewalt betroffen sind, kommen in der Pandemie eine große Bedeutung zu. Die Gewaltschutzambulanz verzeichnete im Juni 2020 einen Anstieg um 30 Prozent der entsprechenden Fälle. Wie sich diese Zahlen im weiteren Verlauf der Pandemie entwickelt haben, werde erst Mitte August bekannt gegeben, sagt Michael Reis, stellvertretender Pressesprecher der Justizverwaltung, zu »nd«.
Das Angebot des FFGZ während der Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung aufrechtzuerhalten, sei keine leichte Aufgabe, so Schröder. »Aufgrund der Abstandsgebote können wir hier nur noch ein Drittel der Frauen in unseren Räumlichkeiten unterbringen«, sagt sie. Das sei ein großes Problem, weil das Zentrum sich auch durch die Einnahmen aus Teilnahmegebühren finanziere. »Wir bekommen nur eine Teilförderung vom Land Berlin und müssen eigene Mittel erwirtschaften«, sagt sie.
Dazu käme der Umstieg auf digitale Angebote, um auch während der Lockdowns und Kontaktbeschränkungen ansprechbar zubleiben. »Wir mussten das Equipment wie moderne Laptops und Kameras anschaffen, aber uns auch das nötige Know-how aneignen. Das war mit einigen Investitionen und Kosten verbunden«, erklärt die Pädagogin. Deshalb habe man zum Internationalen Frauengesundheitstag im Mai zu Spenden aufgerufen, um finanzielle Engpässe zu überbrücken. »Wir sind sehr dankbar für die große Solidarität, die wir erfahren haben nach den Spendenaufrufen«, sagt Schröder. Allerdings bleibe die finanzielle Situation angespannt. »Wir sind weiterhin auf Spenden angewiesen«, so Schröder.
Die Senatsverwaltung für Gesundheit und Gleichstellung erklärt gegenüber »nd«, dass umfassende Maßnahmen getroffen worden seien, um gewaltbetroffene Frauen und Kinder während der Pandemie zu schützen, zum Beispiel durch Erhöhung der Schutzplätze in Frauenhäusern und Zufluchtswohnungen - man habe diese »flexibel den Erfordernissen angepasst«.
Bei Projekten wie dem Feministischen Frauengesundheitszentrum seien 2020 alle Anträge von frauenspezifischen Angeboten für coronabedingte Mehraufwendungen gedeckt worden, sagt Pressereferentin Milena Müller von der Gesundheitsverwaltung.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.