Grenzenloser Sprachkünstler
Clemens J. Setz erhält den renommierten Büchner-Preis
Seit 1923 verliehen, ging der Georg-Büchner-Preis bis dato 69 Mal an einen Mann, nur elf mal an eine Frau. Nicht weil es der weiblichen Gilde an Talent, Fantasie und Kreativität mangelt. Der renommierteste und mit 50 000 Euro höchstdotierte Literaturpreis für deutschsprachige Autoren ereilt auch in diesem Jahr einen Vertreter des »starken Geschlechts«: den österreichischen Schriftsteller Clemens J. Setz (»Die Waage«, »Die Frequenzen«, »Die Liebe zur Zeit des Mahlstädter Kindes«, »Die Bienen und das Unsichtbare« etc.). Der Youngster unter den bisherigen Büchner-Preisträgern ist nicht der erste Literat aus der Alpenrepublik, der die nach dem jung, mit 23 Jahren verstorbenen Dichter der Revolution (»Friede den Hütten! Krieg den Palästen!«)benannte Würdigung erhält.
Im Herbst 1987 nahm die von der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung und Hessen vergebene Auszeichnung Erich Fried entgegen. Er sorgte in Darmstadt für einen Eklat. In seiner Dankesrede fragte der Lyriker, wie der Namenspatron die Zustände in der Bundesrepublik beurteilen und für wen er Partei ergreifen würde: »Es ist wahrscheinlich, dass dieser sich in unserer Zeit zur ersten Generation der Baader-Meinhof-Gruppe geschlagen hätte.« Fried wagte es zudem, die Stadtväter der Romafeindlichkeit anzuklagen, verglich deren Abschiebepraxis mit jener der Nazis, sprach von »romafrei«, was den Oberbürgermeister und andere Honoratoren erzürnte.
Die Erinnerung an diese Episode sei keine Aufforderung, Setz möge es dem Landsmann gleichtun. Der 1982 in Graz geborene, verhinderte Mathematik- und Deutschlehrer, der auch Stücke für die Bühne (»Flüstern in stehenden Zügen«) schreibt, zugleich als Übersetzer arbeitet und schon einige Preise erhielt, nennt die Büchner-Jury einen »Sprachkünstler«, der »immer wieder menschliche Grenzbereiche« erkundet. Lassen wir uns überraschen.
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