Ultras, Linke und Gewerkschaften gegen NRW-Versammlungsgesetz

Tausende setzten in Köln ein Zeichen gegen die geplante Gesetzesverschärfung in Nordrhein-Westfalen

Der Genosse Marx schrieb einst, dass weltgeschichtliche Ereignisse sich zwei Mal ereignen: einmal als Tragödie und einmal als Farce. Von einer Farce kann man durchaus sprechen, wenn es um die nordrhein-westfälische Variante des »Pimmelgate« geht. In Hamburg war es zu einer Hausdurchsuchung gekommen, weil jemand Innensenator Andy Grote im Internet als »Pimmel« bezeichnet hatte. Zuletzt lieferten sich deshalb Autonome und die Polizei einen Wettbewerb im Übermalen an der Roten Flora mit dem entsprechenden Zitat. Die Autonomen gewannen. Der Innensenator muss jetzt damit leben, dass er im Schanzenviertel »Pimmel« genannt wird.

Bei der Demonstration gegen das geplante nordrhein-westfälische Versammlungsgesetz führten Ultras des FC Köln ein Schild mit der Aufschrift »Reul ist 1 Pimmel« mit. Dass der NRW-Innenminister Herbert Reul »Pimmel« genannt wurde, war für die Polizei Grund genug, die Demonstration, an der sich mehrere tausend Menschen beteiligten, zu stoppen. In einer Pressemitteilung nach der Demonstration schrieb die Polizei, sie hätte die Demo wegen »diffamierender Plakate mit dem Konterfei des Innenministers« gestoppt und deshalb sechs Strafanzeigen geschrieben. Als das »Pimmel«-Plakat und einige andere verschwunden waren, konnte weiter demonstriert werden.

Allerdings konnte die Demo Köln nur im Stop and Go durchqueren. Die Polizei nutzte immer wieder Kleinigkeiten wie zusammengeknotete Transparente oder einzelne Bengalos dafür, die Demonstrantrierenden aufzuhalten. Gizem Koçkaya, Sprecherin des Bündnisses gegen das Versammlungsgesetz, sprach gegenüber »nd« von einer Strategie der Polizei, »die Demonstration zu kriminalisieren und zu verhindern«. Dafür habe sie »fadenscheinige Gründe« herangezogen. Dieses »willkürliche Verhalten der Polizei« zeige, was mit dem neuen Versammlungsgesetz von der Polizei zu erwarten sei, so Koçkaya. Die Demonstration sei trotz dieser Provokationen »friedlich und erfolgreich verlaufen«.

Die Ankündigung des stellvertretenden Ministerpräsidenten von NRW, Joachim Stamp, dass es mit der FDP ein »modernes und verfassungsfestes Versammlungsrecht« geben werde und Demonstrationen dagegen nicht nötig seien, findet Bündnissprecherin Gizem Koçkaya nicht glaubwürdig. Die FDP-Minister*innen hätten dem ersten Gesetzentwurf, der zahlreiche Verschärfungen des Versammlungsrechts enthält, zugestimmt. Erst in Folge des breiten Protests hätten die Liberalen beteuert, Änderungen an dem Gesetzentwurf vornehmen zu wollen. Die FDP sei »unglaubwürdig«, bisher bekannt gewordene Änderungsvorschläge »unzureichend«. Für Koçkaya steht fest: »Wir brauchen und wollen kein Versammlungsgesetz in NRW. Daher lehnen wir als Bündnis jeden Entwurf für ein Versammlungsgesetz auf Landesebene ab.«

Dafür soll auch der Protest weitergehen. Wann das neue Versammlungsgesetz in den Landtag kommt, steht derzeit in den Sternen. Eigentlich sollte es das Parlament noch in diesem Jahr passieren. Nachdem die FDP Nachbesserungsbedarf angekündigt hatte, wird das Gesetz überarbeitet. Ein neuer Gesetzentwurf ist bisher nicht veröffentlicht worden. Gut möglich, dass die schwarz-gelbe Landesregierung das Gesetz gar nicht mehr auf den Weg bringt. In NRW wird im kommenden Mai gewählt.

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