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- Streiks an Unikliniken
Klinikleitungen spielen auf Zeit
Streiks in den NRW-Unikliniken dauern bereits fast drei Wochen an
Der Venusberg in Bonn ist ein großbürgerlicher Stadtteil wie aus dem Bilderbuch der alten Bundesrepublik. Freistehende villenartige Häuser, umgeben von großen Hecken oder Zäunen. Menschen, die mit Trillerpfeifen, Transparenten und lauten Rufen durch die Straßen ziehen, gehören hier nicht zum Alltag. Aber auf dem Venusberg ist auch das Bonner Uniklinikum, und dort wird seit dem 6. Mai gestreikt, wie an den fünf anderen Unikliniken in Nordrhein-Westfalen. Über 98 Prozent der bei der Gewerkschaft Verdi organisierten Klinikmitarbeiter*innen hatten sich Anfang Mai für einen Arbeitskampf ausgesprochen.
Dem Streik vorausgegangen war ein 100-tägiges Ultimatum, das als »Notruf Krankenhaus« bezeichnet wurde. Die Forderungen der Beschäftigten sind so einfach wie klar. Sie wollen bessere Arbeitsbedingungen. Sie wollen mehr Zeit für die Patient*innen haben.
Bisher haben die Streikenden nicht viel mehr als nette Worte erreicht. NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) sagte schon bei einer Streikkundgebung im April, es sei klar, wenn Verdi einen sogenannten Tarifvertrag Entlastung fordert, würde die Gewerkschaft diesen auch bekommen. Laumanns christdemokratischer Parteifreund Hendrik Wüst, Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen und derzeit in Sondierungsgesprächen mit den Grünen, äußerte sich bei der DGB-Kundgebung zum 1. Mai in Dortmund ähnlich. Ein »Tarifvertrag Entlastung« werde kommen, so das Versprechen des CDU-Politikers. Nur noch wenig war davon zu hören, dass man nicht aus der Tarifgemeinschaft der Länder ausscheren wolle. Vorher war dies ein Argument der Landesregierung gewesen, um nicht in ernsthafte Verhandlungen um einen Entlastungstarifvertrag einsteigen zu müssen. Viel passiert ist seitdem noch nicht. Bisher haben sich die Streikenden und die Arbeitgeberseite nur abgetastet.
Am Rand der Bonner Streikkundgebung erklärt Lotte Pauli, die am Bonner Uniklinikum eine Ausbildung als operationstechnische Assistentin macht, warum sie für einen Entlastungstarifvertrag auf die Straße geht. Sie erzählt aus ihrem Arbeitsalltag, als Auszubildende habe sie allzu oft mit nur einer examinierten Pflegerin einen ganzen Saal zu betreuen. Aufgaben, bei denen ihr gesagt wurde, dass sie diese eigentlich nicht durchführen dürfe, würden mit dem Verweis auf Personalmangel auch auf die Auszubildenden übertragen. Auf die Frage, was ihr wichtig ist – mehr Geld oder mehr Freizeit – antwortet Pauli, am wichtigsten sei ihr eine »gute Ausbildung«. Dazu gehöre eine angemessene Bezahlung und genug Freizeit. Aber am wichtigsten ist der Bonnerin, dass sie lernen kann, was für ihren Beruf wichtig ist.
Die Frage, warum sie bei einer Streikkundgebung ist und nicht irgendwas anderes macht, erübrigt sich unter diesen Umständen fast. Lotte Paulis Antwort ist trotzdem interessant. Statt auszuschlafen oder schwimmen zu gehen, möchte sie sich mit Kolleg*innen von anderen Unikliniken austauschen. In den Auseinandersetzungen um den »Tarifvertrag Entlastung« hätten sich Freundschaften mit ganz unterschiedlichen Kolleg*innen entwickelt.
Irgendeine Form von Entlastung werden die Klinikbeschäftigten wohl bekommen. Das steht außer Frage. Wie diese Entlastung konkret aussehen wird, das wird noch harter Verhandlungen bedürfen. Ein Mitglied der Tarifkommission bezeichnete die Position der Arbeitgeber als »schizophren«. Einerseits betonten diese, wie wichtig ihnen eine gute Situation für Patient*innen sei, andererseits täten sie wenig, um die Situation der Beschäftigten zu verbessern.
Eine Rolle für diese Zögerlichkeit könnte auch die öffentliche Meinung spielen. Wurde den Streikenden am Anfang noch viel Sympathie entgegengebracht, mehren sich inzwischen die kritischen Stimmen. In einem Kommentar in der »Rheinischen Post« war von Geiselhaft die Rede, in die Patient*innen von den Beschäftigen genommen würden. In anderen Berichten ist von »Zorn und Fassungslosigkeit« auf der Patient*innenseite die Rede.
Rasch enden werden die Streiks nicht. Die Verhandlungen stocken und die Minimalforderungen der Beschäftigten sind weit entfernt vom Angebot der Klinikbetreiber*innen. Gewerkschaft und Arbeitgeber verhandeln am Mittwoch erneut. Die Taktung für Gespräche könnte aber höher sein, findet die Gewerkschaft. Die Streiks wurden erstmal bis zum 2. Juni verlängert.
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