Aufklären, testen und impfen

Am Welthepatitistag geht es um verschiedene Formen einer von Viren verursachten Leberentzündung

2010 erkannte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Virushepatitis als globale Gesundheitsbedrohung an und organisiert seit 2011 einen Aktionstag dazu. Das Datum erinnert an den Geburtstag des Hepatitis-B-Entdeckers und Medizin-Nobelpreisträgers Baruch Blumberg am 28. Juli 1925. In diesem Jahr lautet das Motto erneut: »Hepatitis kann nicht warten«.

Bei Hepatitis handelt es sich um eine Entzündung der Leber, die viele Ursachen haben kann. Bei dem Aktionstag geht es um die Erkrankungen, die von Viren ausgelöst wurden und mit den Buchstaben A bis E sowie G bezeichnet werden. Andere Ursachen einer solchen Entzündung können Bakterien, Parasiten oder Gifte – wie Alkohol – sein. Die Leber gilt als Entgiftungszentrale des Körpers. Das Problem: Unser größtes inneres Organ leidet still. Entweder löst eine Entzündung gar keine Beschwerden aus oder eben nur unspezifische Symptome, etwa Abgeschlagenheit oder ein Druckgefühl im Oberbauch. Nur bei schweren Fällen kommt es zu einer Gelbfärbung von Haut und Augen, starken Schmerzen im Oberbauch oder Erbrechen und großer Müdigkeit.

Infektionen zum Beispiel mit Hepatitis-C-Viren (HCV) gehören weltweit zu den häufigsten Infektionskrankheiten. Bleiben sie unentdeckt und werden chronisch, verursachen sie häufig Spätfolgen wie Leberzirrhose oder ein Leberzellkarzinom. Aus Gründen wie diesen ermutigt der Aktionstag die Staaten zu Aufklärungskampagnen, systematischen Vorsorgeuntersuchungen, Impfungen oder zu einem besseren Therapiezugang.

Für Deutschland ist zum Beispiel ein kostenfreier Test auf Hepatitis B und C seit dem 1. Oktober vorigen Jahres für alle Bürger ab 35 Jahren verfügbar. Er kann von Hausarztpraxen im Rahmen eines Gesundheitschecks durchgeführt werden. Eine Neudiagnose wäre eher kein Notfall, sollte aber vom Facharzt versorgt werden. Die Infektionen können Jahre zurückliegen. Die Ansteckung mit HCV und HBV kann durch Blut, Blutprodukte und Körperflüssigkeiten (etwa beim Geschlechtsverkehr) erfolgen, ebenso beim intravenösen Konsum von Drogen. Weltweit betrachtet wird Hepatitis B am häufigsten bei der Geburt von der Mutter auf das Kind übertragen.

Eine ganz andere Brisanz haben international Infektionen mit Hepatitis E. Die Krankheit wird hauptsächlich durch verunreinigte Lebensmittel und Wasser verbreitet. Besonders häufig geschieht das in Lagern und Unterkünften von Geflüchteten, weil dort viele Menschen auf engstem Raum und unter schlechten Bedingungen zusammenleben. Das Risiko steigt mit unzureichender Trinkwasserversorgung und mangelhaften sanitären Einrichtungen. Vor allem in Massenunterkünften kommt es zu Ausbrüchen.

Die Krankheit verursacht jährlich rund 20 Millionen Infektionen und 44 000 Todesfälle. Im Südsudan hat die Organisation Ärzte ohne Grenzen auf den jüngsten Ausbruch dort mit einer großen Impfkampagne reagiert, die weltweit erste dieser Größenordnung. Laut der Hilfsorganisation lassen sich so vor allem schwangere Frauen schützen. Denn sie sind besonders von der Krankheit bedroht, ihre Sterblichkeitsrate liegt bei rund 25 Prozent. Außerdem erhöht eine Hepatitis-E-Erkrankung das Risiko von Fehl- und Totgeburten. Eine gezielte Behandlung gegen die Krankheit gibt es bisher nicht.

Die Hepatitis-E-Impfkampagne wurde im März und April 2022 von Ärzte ohne Grenzen gemeinsam mit dem südsudanesischen Gesundheitsministerium im Binnenflüchtlingslager Bentiu im Bundesstaat Unity durchgeführt. Rund 25 000 Menschen, darunter auch schwangere Frauen, wurden in zwei Impfdurchläufen geimpft. Ein dritter und letzter Impfdurchlauf ist für Oktober geplant.

Bentiu ist das größte Lager im Südsudan. Aktuell leben dort rund 112 000 Menschen, von denen viele vor Gewalt und Überschwemmungen geflohen sind. Ärzte ohne Grenzen hat seit 2015 mehrere Ausbrüche von Hepatitis E beobachtet und Patienten behandelt. Für die Impfkampagne gibt es nur einen Impfstoff mit Namen Hecolin, der seit 2015 von der WHO empfohlen wird.

In Deutschland und anderen Industrieländern ist die Sterblichkeit nach einer HEV-Infektion deutlich geringer. Hier ist auch ein anderer Genotyp des Virus endemisch als etwa in Afrika. Hierzulande betreffen die Infektionen zu zwei Dritteln Männer. Viele Infektionen verlaufen asymptomatisch. Es wird von einer Untererfassung ausgegangen. Die Übertragung geschieht vor allem über unzureichend gegartes Schweine- und Wildfleisch.

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