Mit Schuldenbremse und Kürzungen in etlichen Etats

Der Bundestag hat mit der ersten Lesung des Haushalts für das kommende Jahr begonnen

Geht es nach Vizekanzler Christian Lindner, so wird der Bundeshaushalt 2023 drei Jahre finanzpolitischen Ausnahmezustand beenden. Zumindest auf dem Papier. Der vom Bundeskabinett von SPD, Grünen und Lindners FDP am 1. Juli beschlossene Entwurf für ein entsprechendes Haushaltsgesetz wird seit Dienstag im Bundestag in erster Lesung beraten. Die vom Finanzminister in der Ampelkoalition durchgesetzte formale Einhaltung der sogenannten Schuldenbremse im Grundgesetz wird auch von Haushaltsexperten von SPD und Grünen kritisch gesehen, nicht zuletzt deshalb, weil der Etatentwurf auf der Annahme basiert, dass sich Energie-, Klimaund andere Krisen nicht zuspitzen.

Florian Toncar (FDP), parlamentarischer Staatssekretär im Finanzministerium, brachte den Haushalt am Dienstag in den Bundestag ein. Er begründete die Notwendigkeit einer Rückkehr zum Neuverschuldungsverbot unter anderem mit der »expansiven Finanzpolitik« in den zwei vergangenen Jahren und in diesem Jahr: Seit 2020 hat der Bund insgesamt 490 Milliarden Euro an neuen Krediten aufgenommen, insbesondere zum Ausgleich der Pandemielasten für die Unternehmen und in diesem Jahr zur Entlastung von Wirtschaft und Bürgern angesichts der Energiepreisexplosion. Eine Haushaltskonsolidierung sei auch zur Bekämpfung der Inflation erforderlich, betonte Toncar. Das Mantra der FDP lautet: Kreditaufnahmen von heute sind die Steuererhöhungen von morgen. Und die sind für die Liberalen generell ein Tabu, solange es sich um Belastungen für Besserverdienende und Supperreiche handelt. Öffentliche Unterstützung bekommt Lindner indes von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der zugleich dessen Amtsvorgänger ist.

Der Haushaltsentwurf sieht für 2023 Ausgaben von insgesamt 445,2 Milliarden Euro vor und damit 100 Milliarden weniger als 2021. Lindner erklärte vergangene Woche, Kürzungen in den einzelnen Ressorts seien durch »Konsolidierung« möglich geworden. In sieben Einzelplänen stehe jetzt weniger Geld zur Verfügung. Unter anderem kündigte der Finanzminister den Abbau von 3000 Stellen beim Bund an.

Der Bundesrechnungshof wies indes darauf hin, dass milliardenschwere Ausgaben für Klima und Transformation, Digitales und Bundeswehr im Haushalt nicht auftauchen, weil sie über Sondervermögen laufen.

Die Regelung im Grundgesetz erlaubt durchaus neue Kredite, wenn auch in begrenztem Umfang. Der Etatentwurf sieht 9,9 Milliarden Euro an neuen Darlehen vor, die nicht auf die Schuldenbremse angerechnet werden müssen. Außerdem will die Regierung offenbar auf eine Rücklage für die Unterbringung und Versorgung Geflüchteter zugreifen. Daraus sollen im kommenden Jahr 40,5 Milliarden Euro entnommen werden. Nach Darstellung des Rechnungshofes beträgt die »echte Nettokreditaufnahme« bei Berücksichtigung aller herausgerechneten Finanzierungen 78 Milliarden Euro.

Unterstützung für die geplante Einhaltung der Schuldenbremse gab es am Dienstag im Bundestagsplenum erwartungsgemäß von der oppositionellen Union. »Schuldenbremse einhalten ist sozial gerechte Politik«, sagte CDU-Haushälter Mathias Middelberg. Das sah die Linke-Haushaltsexpertin Gesine Lötzsch anders. Sie kritisierte, SPD und Grüne hätten sich von der FDP Kürzungen diktieren lassen. Die Inflation treibe »viele Menschen in dramatische Probleme«, ohne dass die Regierung wirksame Hilfe leiste.

Kritik musste am Dienstag Familienministerin Lisa Paus (Grüne) wegen der Streichung des Bundesprogramms »Sprach-Kitas« einstecken. Lötzsch nannte die Beendigung des Programms ein »fatales Signal«. »Wenn Sie nur ein U-Boot weniger bauen würden, dann hätten Sie das Geld für dieses Sprachprogramm zusammen«, sagte die Linke-Politikerin. Auch die familienpolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Silvia Breher (CDU), monierte, mit der Einstellung des Programms würden erfolgreiche Strukturen zerstört.

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