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Erleichterung nur für kurze Zeit

Die Ampel-Pläne zum Gaspreisdeckel lassen viele Energiefragen offen

Die Erleichterung ist groß, nachdem die Bosse der Ampel-Koalition das Ende der Gasumlage und einen Gaspreisdeckel beschlossen haben. Von Wirtschaftsverbänden und Gewerkschaften, Verbraucherschützern und Sozialverbänden, Wohnungsbranche und Stadtwerken, auch aus der Opposition mit Ausnahme der Rechtsaußen kommt Zustimmung. Mit Blick auf die Stimmung im Land wird jetzt wohl Dampf aus dem Kessel genommen. Letztlich blieb SPD, Grünen und FDP nichts anderes übrig, als bei Energiepreisen mehr als nur ein bisschen nachzubessern, wie man das zunächst vorhatte.

Vieles ist indes noch unklar. Erst einmal gibt es eine Grundsatzeinigung, in der Summen genannt werden, die der Lage sicher angemessen sind. Der Gaspreis soll für bestimmte Verbrauchsmengen auf ein Niveau begrenzt werden, das private Haushalte und Unternehmen vor Überforderung schützt. Wie das genau aussehen soll, wird erst noch von Experten erarbeitet – bis zu einer Entscheidung werden Wochen vergehen. Das gewerkschaftsnahe Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung geht für Privathaushalte je nach Ausgestaltung von einer für den Staatsetat unproblematischen Summe von 16 bis 37 Milliarden Euro im Jahr 2023 aus. Entweder wird ein Grundkontingent an Gas subventioniert und der Rest zu Marktpreisen abgerechnet, oder ein bestimmter Anteil des letztjährigen Verbrauchs wird preislich gedeckelt, oder es gibt eine Mischform. Jedes Modell hat Vorteile, bringt aber auch Ungerechtigkeiten mit sich. Das erste Modell benachteiligt Verbraucher in ungedämmten Wohnungen oder Häusern, das zweite fördert vor allem Leute mit hohem Verbrauch. Und wer nie mit Gas heizte, hat gar nichts davon.

Man muss aber sagen, dass sich gewisse Ungerechtigkeiten auf die Schnelle gar nicht vermeiden lassen. Es braucht jedoch sofortige Lösungen, denn mit Blick auf die Energiekrise wurde verdammt viel Zeit verplempert. Vor einem halben Jahr oder teils noch länger sagten Experten mit hoher Wahrscheinlichkeit vorher, dass die Preise beim Gas bis zum Winter dramatisch steigen werden. Lediglich eine friedliche Beilegung des Ukraine-Konfliktes, also quasi ein außenpolitisches Wunder, hätte dies vermieden. Insofern hätte man neben der Frage alternativer Lieferquellen auch in der Preisfrage vor Monaten Klarheit schaffen müssen, statt die allgemeine Verunsicherung durch falsche Ausgestaltung der Gasumlage noch weiter zu schüren. Deren Stichtag 1. Oktober und die nach der Sabotage an den Gaspipelines Nord Stream 1 und 2 nunmehr ganz sichere, preistreibende Knappheit im Winter erzeugten die Torschlusspanik, die letztlich den Gaspreisdeckel bringt. Was wiederum tief blicken lässt, wie in der Ampel-Koalition Entscheidungen zustandekommen. Ob die drei Parteien nun Rückenwind etwa für die anstehende Niedersachsen-Wahl erhalten, bleibt abzuwarten und wäre wohl alles andere berechtigt.

Das Verplempern von Monaten hat nämlich gefährliche Folgen: Die Heizperiode, in der der Erdgasbedarf spürbar ansteigt, hat bereits begonnen, und niemand weiß, mit welchen Kosten tatsächlich zu rechnen ist. Das aber ist eine Voraussetzung für das Verbrauchsverhalten. Der Chef der Bundesnetzagentur warnte erst in dieser Woche, dass der Verbrauch mit Blick auf die Versorgungslage im Winter aktuell zu hoch ist. Dass nach der Entscheidung zum Preisdeckel jetzt Erleichterung vorherrscht, könnte dieses Problem wohl noch verschärfen. Daher braucht es schnell Klarheit über die Preisgestaltung. Diese muss einerseits vermeiden, dass Leute wegen unbezahlbarer Rechnungen zu Hause frieren oder Unternehmen schließen, und andererseits, dass Gas verbraucht wird, als wäre alles wie immer. Ohne deutliche Reduzierung im Privaten wie in der Wirtschaft droht ganzen Industriezweigen die zwangsweise Stilllegung. Das wäre dramatischer als die Corona-Lockdowns, da es hier um Vorprodukte geht, die anderswo dringend benötigt werden. Es würde dann kaum bei Kurzarbeit allein bleiben, sondern viele Menschen könnten arbeitslos werden. Lediglich ein rekordwarmer Winter würde noch helfen.

Außerdem wurde viel Zeit verplempert, die man dazu hätte verwenden müssen, die derzeitigen Probleme dauerhaft anzugehen. Beim zügigen Ausbau der Erneuerbaren und Energieeffizienz, bei der Wärmewende und der klimaneutralen Umstellung von Industrieprozessen müssen noch richtig dicke Bretter gebohrt werden. Auch wenn viele jetzt erleichtert sind – dies kann nur von ganz kurzer Dauer sein.

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