Moore sind Trümpfe in der Klimakrise

Die Wiedervernässung großer Flächen ist notwendig, meint Olaf Bandt

An diesem Freitag ist der Welttag der Moore. Viele dieser Feuchtgebiete gibt es nicht mehr, weder in Deutschland noch weltweit. Das ist ein gravierendes Problem für die Biodiversität, denn viele der dort lebenden Arten sind hochspezialisiert und selten. Mindestens ebenso relevant aber ist die Rolle von Mooren beim Kampf gegen die Erderwärmung. Denn in intaktem Zustand speichern sie Kohlenstoff. Und das sehr wirksam: Obwohl sie nur drei bis vier Prozent der weltweiten Landfläche bedecken, binden sie doppelt so viel Kohlenstoff wie alle Wälder zusammen (die fast zehnmal so viel Fläche bedecken).

Wird aber der Torf der Moore abgebaut oder werden sie entwässert, setzen sie gigantische Mengen an CO2 und anderen Treibhausgasen frei. So verursachen entwässerte Moore in Deutschland rund 7,5 Prozent aller Treibhausgasemissionen, im Sektor Landwirtschaft und landwirtschaftliche Bodennutzung sogar 37 Prozent.

Jahrzehntelang war der Moorschutz in Deutschland Ländersache. Dabei standen Schutz und Restaurierung einzelner Moore im Fokus. Dies ist weiterhin wichtig, um die noch intakten, seltenen Lebensräume zu erhalten und dem Verlust der Biodiversität entgegenzuwirken. In der Politik ist inzwischen angekommen, was Fachleute schon lange wissen: Die Wiedervernässung von Mooren und die damit verbundene Verringerung von Emissionen sind wichtige Hebel für den natürlichen Klimaschutz. So müssten in Deutschland – um die Vereinbarungen des Pariser Klimaabkommens zu halten – jährlich 50 000 Hektar trockengelegte Moore wiedervernässt werden. In der Realität sind es aber nur 2000 Hektar. Zwar hat die Regierung im Koalitionsvertrag festgehalten, dass Moorschutz im öffentlichen Interesse ist. Und Ende 2022 beschloss das Bundeskabinett eine Moorschutzstrategie. Zudem stellt das im März verabschiedete Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK) bis 2026 vier Milliarden Euro zur Verfügung, unter anderem für Schutz intakter Moore und Wiedervernässung trockengelegter Moorflächen.

Olaf Bandt
Olaf Bandt

2018/10/09; Berlin: Bund fuer Umwelt und Naturschutz...

Olaf Bandt ist Vorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND)

Doch reicht all das nicht aus, denn in seiner Dimension ist der nötige Paradigmenwechsel mit dem Kohleausstieg vergleichbar. Vorbehalte und Ängste sind verständlicherweise groß, wo bislang land- und forstwirtschaftlich genutzte Moorböden wieder unter Wasser gesetzt werden könnten. Bislang mangelt es an ökonomisch attraktiven Alternativen für die Bewirtschaftung. In sogenannten Paludikulturen kann zwar großflächig zum Beispiel Schilf auf den nassen Flächen angebaut werden, die Förderung und Etablierung entsprechender Vertriebswege und Absatzmärkte fehlen aber. Weiterhin erfordert die jährliche Wiedervernässung beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren. In der Raumordnung könnte die Politik etwa Vorranggebiete für Klimaschutz auf Moorböden einführen.

Die Verantwortung für den notwendigen Wandel darf dabei nicht auf einzelne Personen abgewälzt werden. Ein rein freiwilliger Moorschutz wird weder zur notwendigen Geschwindigkeit der Maßnahmen noch zur Planungssicherheit der beteiligten Betriebe führen. Vielmehr braucht es für eine wirksame und gerechte Moortransformation vor allem politische Initiative – und außerdem Anreize und Förderungen, um alle einzubeziehen. Weiterhin sind Strategien gegen althergebrachte Sorgen nötig: Die von den Vorfahren geleistete Urbarmachung der Moore würde gefühlt zunichtegemacht. Keller könnten wieder feucht werden. Die Maßnahmen träfen die ohnehin meist strukturschwachen (Moor)Regionen. Aber die Bundesregierung könnte ein Gremium einberufen, um die Akzeptanz für Moorschutz zu fördern – nach dem Vorbild der Kohlekommission.

Für so eine umfassende Transformation genügen die begrenzten Mittel des ANK jedoch nicht: Die Bundesregierung muss eine breit angelegte und ausreichende Finanzierung zum Schutz und zur Wiedervernässung der Moore gewährleisten und einen rechtlichen Rahmen schaffen, der an Durchsetzungskraft dem Fernstraßen- oder Stromleitungsbau in nichts nachsteht. Denn: Kein Klimaschutz ohne Moorschutz!

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