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Geschichtensammler
Der Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees Christoph Heubner erhält den Lothar-Kreyssig-Friedenspreis
Zunächst: Christoph Heubner dürfte bekannter sein als Lothar Kreyssig, jedenfalls in antifaschistischen Kreisen und unter erinnerungs- und gedenkpolitisch aktiven Menschen. Ad zwei folgt der Schreck: Kann sich der Vizepräsident des Internationalen Auschwitz Komitees geehrt fühlen, wenn er einen Preis erhält, der nach einem Richter benannt ist, der zwar nicht Mitglied der NSDAP, aber des »Bundes Nationalsozialistischer Deutscher Richter« und des Beamtenbundes war? Der Berliner Historiker soll im November mit dem Lothar-Kreyssig-Friedenspreis ausgezeichnet werden.
Ja, Kreyssig gehörte auch der Bekennenden Kirche an und soll der einzige deutsche Richter gewesen sein, der sich gegen die Euthansie-Morde der Nazis aussprach, weshalb er 1940 seine Robe ablegen musste – da waren allerdings Zunftkollegen jüdischer Herkunft respektive den verbotenen Arbeiterparteien nahestehende Juristen bereits längst gemäß dem NS-Gesetz »zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentum« vom April 1933 entlassen, ins Exil gejagt und in Konzentrationslager verschleppt oder gar ermordet worden (zum Beispiel Hans Litten). Nach dem Krieg stritt Kreyssig für Versöhnung und gründete 1958 die Aktion Sühnezeichen in der DDR. 1971 ging er in den Westen, wo er 1986 starb. Der nach ihm titulierte Preis ist vor 25 Jahren von der evangelischen Kirche Magdeburgs zu Kreyssigs 100. Geburtstag gestiftet worden.
Der 1949 in Hessen als Sohn eines Pfarrers geborene Christoph Heubner verweigerte den Dienst in der Bundeswehr, arbeitete stattdessen für die Aktion Sühnezeichen in Oxford/England, studierte Geschichte, Germanistik und Politik in Marburg und Kassel und widmete sich fortan der Bewahrung der Geschichten von Shoah-Überlebenden, arbeitete eng mit der Gedenkstätte Auschwitz und der dortigen Internationalen Jugendbegegnungsstätte zusammen. In Gedichten und Erzählungen hielt Heubner die von ihm recherchierten oder ihm von Veteranen geschilderten Schrecken des eliminatorischen deutschen Antisemitismus fest. Just erschien, quasi eine Trilogie vollendend, nach »Ich sehe Hunde, die an der Leine reißen« und »Durch die Knochen bis ins Herz« als dritter Band »Als wir Maikäfer waren«. Mit dem Lothar-Kreyssig-Friedenspreis soll seine hohe Sensibilität für die Opfer der NS-Diktatur, der deutsch-faschistischen Lager und Ghettos gewürdigt werden.
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