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Jedes Jahr verlassen 2200 Erzieherinnen die Kitas

Brandenburgs Linksfraktion fordert ehrliche Bestandsaufnahme und wirksame Maßnahmen

  • Matthias Krauß
  • Lesedauer: 3 Min.

Wie in so vielen Bereichen fehlen auch in den Kindergärten und Krippen Brandenburgs Fachkräfte. Die Linksfraktion fordert wirksame Maßnahmen gegen die Personalnot. Sie verlangt Änderungen in der Kita-Personalverordnung. So soll es künftig nicht mehr möglich sein, Erzieher in Ausbildung auf den Personalbestand anzurechnen. Weiterhin soll sich das Land verpflichten, notwendiges zusätzliches Personal für Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf zu finanzieren. Und die Personalbemessung soll nicht nur den verschiedenen Förderbedarf der Kinder einkalkulieren, sondern auch Ausfallzeiten durch Krankheit, Urlaub und Weiterbildung.

All diese Dinge lassen die bestehende Differenz zwischen wünschenswertem Angebot und der durch Personalknappheit geprägten Realität in den Kitas stärker in Erscheinung treten. Der Abstand zwischen Soll und Haben wird dadurch sichtbarer – doch man würde, zumindest auf die Schnelle, auch nicht mehr Fachkräfte finden, sieht man von der Forderung nach einem Landesprogramm ab, das eine kostenfreie und vergütete Ausbildung beinhaltet, was seine Wirkung in einigen Jahren entfalten könnte.

Weiter mahnt die Linksfraktion den Ausbau der Ausbildungs- und Studienkapazitäten an den Oberstufenzentren, Fach- und Fachhochschulen sowie Universitäten an. Aber warum die Kapazitäten erweitern, wenn schon die vorhandenen Ausbildungsplätze nicht im Entferntesten besetzt werden können?

Das Hauptproblem des mangelnden Fachkräftenachwuchses in Ostdeutschland liegt im dramatischen Geburtenrückgang nach der Wende, der dazu führte, dass es verglichen mit den letzten Jahren der DDR nur noch halb so viele Schulabgänger gibt. Der Politik fällt angesichts dieser Situation nichts Besseres ein, als die Erwartung laut werden zu lassen, 60- oder 70-Jährige sollten noch länger arbeiten.

»Ja, es werden überall Fachkräfte gesucht, nicht nur im Bildungsbereich«, sagt die Landtagsabgeordnete Kathrin Dannenberg (Linke). Sie weist darauf hin, dass der Personalmangel in den Kitas die Arbeitsbelastung für die dort verbliebenen Erzieherinnen und Erzieher zusätzlich erhöht. Angesichts der Lage könne das nur die Spirale nach unten antreiben. Dannenberg zufolge beenden rund 2200 Erzieherinnen Jahr für Jahr ihre Tätigkeit in der Kita – nur etwa ein Viertel davon, weil sie das Rentenalter erreicht haben. Die Mehrzahl sucht sich einen anderen Beruf, weil die Arbeit in der Kita zu aufreibend geworden ist. »In den nächsten fünf Jahren verlassen rund 10 000 Erzieherinnen diese Arbeitsstellen«, sagt die Linke-Abgeordnete.

Nachdem das brandenburgische Bildungsministerium noch vor einem halben
Jahr bestritten habe, dass ein Personalproblem in den Krippen und Kindergärten des Landes bestehe, habe man nun die Problemlage eingeräumt, fuhr Dannenberg fort. Die Vorgängerin von Minister Steffen Freiberg (SPD), Britta Ernst (SPD), habe noch die Meinung vertreten, es gebe genügend Erzieherinnen. Inzwischen heißt es aber: »Minister Freiberg teilt unsere Auffassung.«

Laut Dannenberg beträgt das zunehmende Kita-Personaldefizit pro Jahr weitere rund 500 Erzieher. Angesichts dieser Aussichten nichts zu unternehmen, »können wir uns schlichtweg nicht leisten«. Ähnlich wie die Seiteneinsteiger an den Schulen sind es die wenig oder nicht qualifizierten »Ergänzungskräfte«, mit denen an den Kitas das System noch halbwegs am Laufen gehalten werde. Das aber müsse zulasten der Qualität gehen, bedauerte Dannenberg. Hier den Gordischen Knoten zu zerschlagen, müsse bedeuten, die Arbeitsbedingungen für die einzelne pädagogische Fachkraft zu verbessern. Das würde die Attraktivität des Berufes erhöhen und könnte zu Mehreinstellungen führen.

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