- Wirtschaft und Umwelt
- Rente
Die Linke präsentiert Rentenpaket
Rentensprecher Birkwald hat viele Ideen. Deren Umsetzung ist aktuell unwahrscheinlich
Die Gruppe Die Linke im Bundestag berechnet die FDP-Aktienrente, also die Finanzierung der Rente über einen Kapitalstock, in Kölsch. Vermutlich, weil ihr Rentensprecher, Matthias W. Birkwald, aus Köln stammt. Zweieinhalb Kölsch würden sich Durchschnittsverdienende durch das sogenannte »Generationenkapital« ersparen, also 5,67 Euro. Die Beitragszahlungen sollen für das Jahr 2040 durch die Aktienrente um 0,3 Prozentpunkte gedämpft werden, 2045 dann um 0,4 Prozentpunkte – dreieinhalb Kölsch. Die Reform würde sich nicht auszahlen und zusätzlich zu umweltschädlichen und risikoreichen Investitionen führen. So steht es einem Papier zum »Linken Rentenpaket«, das Die Linke am Montag vorstellte.
Darin kritisiert sie aber nicht nur den Vorstoß der FDP, sondern das Rentenpaket II als ganzes. Hubertus Heil (SPD) und Christian Lindner (FDP) hatten die Reformpläne im März vorgestellt. Bis zum Sommer soll das Rentenniveau bei 46 Prozent festgeschrieben sowie besagtes Generationenkapital beschlossen werden. Das Papier von Die Linke stellt einen »Gegenentwurf zum Konzept der Ampel« dar, wie es Birkwald formuliert. Ginge es nach ihm, würde das Rentenniveau auf 53 Prozent angehoben. Das würde zu einem zehnprozentigen Anstieg der Renten führen und so den Inflationsausgleich schaffen, den Sozialverbände seit Monaten fordern.
Außerdem fordert Birkwald eine Regelaltersgrenze von 65 Jahren und eine abschlagsfreie Rente ab 60 Jahren. Momentan steigt die Regelaltersgrenze bis 2031 auf 67 Jahre. Eine Mindestrente von 1250 Euro netto soll weiters in besonders teuren Städten durch ein Wohngeld bezuschusst werden, die Renten für Geringverdienende entfristet bezuschusst werden. Zudem will Birkwald die Abschaffung der Riester-Rente und eine Stärkung der Betriebsrenten.
Unser täglicher Newsletter nd.Kompakt bringt Ordnung in den Nachrichtenwahnsinn. Sie erhalten jeden Tag einen Überblick zu den spannendsten Geschichten aus der Redaktion. Hier das kostenlose Abo holen.
Denn, es habe sich gezeigt, so Birkwald, dass das Drei-Schichten-Modell, das die Rente in gesetzliche, betriebliche und private Rente aufteilt, nicht funktioniere und die Riester-Rente gescheitert sei. Bezeichnend dafür seien Zahlen des Statistischen Bundesamts. Über 42 Prozent der Renter*innen in Deutschland leben aktuell von weniger als 1250 Euro. Bei diesem Betrag liegt laut EU-Statistik über Einkommen und Lebensbedingungen die Armutsschwelle in Deutschland.
Um die gesetzliche Rente zu stärken, will Die Linke die Erwerbstätigenversicherung einführen. Alle Menschen mit Erwerbseinkommen sollen in die gesetzliche Rente einzahlen, auch Beamte, Selbstständige und Bundestagsabgeordnete. »Hinter dieser Forderung stehen alle Gewerkschaften und Sozialverbände. Und die SPD, wenn sie in Opposition ist«, sagt Birkwald. Aus dem Büro von Dagmar Schmidt, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion mit Rentenschwerpunkt, meldete sich dazu bis Redaktionsschluss niemand zurück.
Die Erwerbstätigkeitsversicherung ist, so wie viele Vorschläge des »Linken Rentenpakets« keine neue Forderung. Ebensowenig die Idee einer europaweiten Mindestrente, die Die Linke bereits in ihrem Programm zur Europawahl im November vorstellte. Wie groß die Chance auf die Umsetzung dieser Forderung in den nächsten fünf Jahren sei, sei eine weniger relevante Frage, so Birkwald zu »nd«: »Als ich mich 1995 für den gesetzlichen Mindestlohn eingesetzt habe, wirkte das auch chancenlos«. Den Mindestlohn gibt es in Deutschland seit 2015.
Umsetzbar seien die Maßnahmen jedenfalls, bekräftigt Birkwald. Dazu zieht er Beispiele aus Schweden und Österreich heran. Dort würden Arbeitgeber*innen höhere Beträge in die Rente einzahlen. In Schweden übernehmen Versicherte einen vierzigprozentigen Anteil der Beitragzahlungen, die Betriebsrente wird zu 90 Prozent von Arbeitgeber*innen finanziert. Deren Anteil mache den Unterschied zwischen »Altersversorge« und »Altersvorsorge« aus, so Birkwald.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.