Teichland Linum: Säckchenweise Reis aus Brandenburg

Noch kostet er, doch in Zukunft soll sich der Reisanbau in Linum (Ostprignitz-Ruppin) lohnen

Robert Jäkel und Guido Leutenegger präsentieren ihre Reispflänzchen.
Robert Jäkel und Guido Leutenegger präsentieren ihre Reispflänzchen.

Ein kleiner Traktor dreht langsam seine Runden auf einem etwas tiefer gelegenen Feld. Er ist beladen mit Kisten voller zehn bis zwanzig Zentimeter großer grüner Pflanzen. Diese setzen zwei Landarbeiter*innen sorgfältig in den Acker ein. Wenn das Feld voll ist, wird geflutet: Zunächst etwa zwei Zentimeter, dann mit fortschreitendem Wachstum bis zu zehn Zentimeter tief werden die Pflanzen unter Wasser stehen. In Linum (Ostprignitz-Ruppin) hat am Freitag das Einsetzen von vorgezogenen Reispflanzen begonnen – in zwei alten Karpfenteichen.

153 Kilogramm schwer ist die Ausbeute, die Guido Leutenegger und Robert Jäkel aus der Reisernte im vergangenen Herbst vorweisen können. Viel sei es nicht, aber eben doch ein Anfang, befinden die beiden Landwirte. Über den, wie sie sagen, weltweit nördlichsten Reisanbau müssen sie noch mehr lernen und ihre klein gestartete Produktion ausbauen. Zu diesem Jahr haben Leutenegger und Jäkel ihre Anbaufläche bereits verdreifacht und erhoffen sich eine deutlich ertragreichere Ernte. Das verkünden sie im Hofladen des Betriebs Teichland Linum, wo sie neben dem brandenburgischen Reis auch weitere Erzeugnisse aus ihrem Landwirtschaftsbetrieb verkaufen.

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»Dieses Jahr wird es besser laufen. Wir haben den Reis-Hund, wir jäten umfassender, wir haben einen Reis-Drescher angeschafft und wir übernehmen die Aufbereitung der Reiskörner dann auch direkt hier vor Ort«, sagt Robert Jäkel. Der Reisanbau in den stillgelegten Karpfenteichen des Teichlands Linum, das zum Agrarunternehmen Natur Konkret gehört, wächst von Jahr zu Jahr. 2023 konnte erstmalig Reis geerntet werden, beim ersten Versuch davor scheiterten die Landwirte noch an ihrer mangelnden Erfahrung.

»Wir haben das Wassermanagement total unterschätzt«, sagt Jäkel. Das habe in der vergangenen Saison besser funktioniert: Die vorgezogenen Reispflanzen sollen je nach Wachstumsstand unterschiedlich tief im Wasser stehen, sodass stets Teile der Pflanzen aus dem Wasser herausschauen. Das wird durch eine stückweite Flutung der Teichfläche erreicht, die sorgfältig vorgenommen werden muss.

Obwohl das in der vergangenen Saison besser funktioniert hat, mussten sich die Landwirte schnell anderen Problemen stellen. Wildgänse und Wildenten haben sich über die süßen Spitzen der Reispflanzen hergemacht. Keine Vogelscheuche konnte sie davon abhalten. »Dann haben wir meine Hündin ins Feld geschickt«, sagt Jäkel. Der Schäferhundmischling habe die gefräßigen Vögel erfolgreich von der Reis-Anknabberung ferngehalten, Schafzäune hätten ihr Übriges zum Schutz der Pflanzen beigetragen. Nichtsdestotrotz seien Rückschläge wie diese für Ernteausfälle von etwa 80 Prozent verantwortlich, so Jäkel.

Die Zuversicht, aus der vergangenen Saison gelernt zu haben, hat die Landwirte zu weiteren Investitionen in den Reisanbau motiviert. Zum Beispiel zu dem Kauf eines Reis-Dreschers aus China, den es so in Deutschland nicht gebe. »Wir mussten ja erst einmal schauen, ob das überhaupt funktioniert mit unserer Idee«, sagt Guido Leutenegger.

Der Landwirt hat die Idee zum brandenburgischen Reisanbau aus dem Norden der Schweiz mit nach Linum gebracht. Dort habe er zunächst die alten Karpfenteiche gekauft und bewirtschaftet. Weil das Karpfengeschäft mittlerweile stagniert, ist er nicht länger auf alle Teiche angewiesen. Gemeinsam mit Jäkel hat er erst in einem und nun in zwei Teichen mit dem Reisanbau begonnen, weil ihm die einfach zu flutenden Teichflächen eine gute Voraussetzung zu sein schienen. In dieser Saison baut sein Betrieb nun auf dreieinhalb Hektar Fläche Reis an. Für die Karpfen verwende er weitere sechseinhalb Hektar.

Den beiden Landwirten ist die »naturnahe« Bewirtschaftung der Felder wichtig. Leutenegger erzählt, dass auf allen Äckern seiner landwirtschaftlichen Betriebe, insgesamt etwa 1400 Hektar, mit Balkenmähwerk anstatt Scheibenmähwerk gemährt werde, um Insekten zu schützen. Auch die Karpfenteiche seien eine ökologische Perspektive zu anderen Fischzucht-Formen und der Reisanbau in den nicht benötigten Teichen fördere die Biodiversität. »Wir fördern hier Amphibien und stellen gleichzeitig Nahrungsmittel her.«

Robert Jäkel zeigt ein Bild eines Vogels. Es ist ein Waldwasserläufer, der in feuchten Gebieten zu finden ist, auch auf Reisfeldern. Im gesamten Gebiet der Linumer Teiche, die alle zur DDR-Zeit künstlich angelegt und bewirtschaftet wurden, sind außerdem Rotbauchunken zu finden, die dem deutschen Naturschutzgesetz zufolge als »streng geschützt« gelten. Die kleinen Lurche leben auch im Bereich der Karpfenteiche und Reisfelder. »Beim Feierabendbier kann man sie laut hören«, sagt Jäkel.

Der Karpfenteich-Reisanbau hat seine Vorteile. Reis aber großflächig in Brandenburg anzubauen, hält Leutenegger nicht für realistisch. »Auf einer normalen Wiese Reis anzubauen, ist Quatsch. Der Wasserverbrauch wäre viel zu hoch.« Ihm scheint der Reisanbau nur sinnvoll, wenn es »noch andere Leute mit so einer Teich-Situation« gibt.

Auch preislich kann der Linumer Reis nicht als Grundnahrungsmittel betrachtet werden. 9,80 Euro kostet das Kilo, das in Stoffsäckchen verkauft wird. Stattdessen sollte er als etwas Besonderes betrachtet werden, als Geschenk oder für einen bestimmten Anlass besorgt werden.

Nicht nur die Kund*innen müssen etwas draufflegen auf den üblichen Reis-Preis, auch die Landwirte hätten bislang nur in den Anbau drauf bezahlt, sagt Leutenegger. »Bis jetzt kostet es nur. Aber es wird sich rechnen«, sagt er. Mit größerem Ernte-Erfolg würden sich die Investitionen zukünftig auszahlen, da ist er überzeugt.

Auch Brandenburgs Agrarminister Axel Vogel (Grüne) ist überzeugt vom Reisanbau in Linum, wie er bei einem Besuch vor Ort im März zeigte. »Die Klimaveränderungen in Brandenburg erfordern von unseren landwirtschaftlichen Betrieben Kreativität, Innovation und einen verantwortungsvollen Umgang mit den natürlichen Ressourcen. So stellen sich viele Betriebe bereits darauf ein und experimentieren mit neuen Kulturen – so wie der Betrieb Natur Konkret mit Reis«, wird er in einer Mitteilung seines Ministeriums zitiert.

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