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Oswald Egger: Von den Steinen zu den Wolken
Der Lyriker Oswald Egger bekommt den Büchner-Preis
Lyrik schreiben ist ein harter Job, denn Lyrik heißt lange Arbeit, kurze Texte – und die sind dann sehr schnell vorgelesen, werden in dünnen Bänden gedruckt, die die Wenigsten kaufen und die noch weniger kennen. Nein, der populäre »Pageturner« für den Urlaub kommt so nicht zustande. Andererseits: von berühmten Autoren wie Robert Gernhardt, Peter Hacks oder Jörg Fauser bleibt eher die Lyrik als die Prosa (auch wenn sie noch andere Sachen geschrieben haben). Den Büchner-Preis, den renommiertesten bundesdeutschen Literaturpreis, haben sie alle nicht bekommen.
Und doch geht der Büchner-Preis regelmäßig an Lyriker*innen. Im November kriegt ihn der 1961 in Meran, Südtirol, geborene Oswald Egger, wie die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung jetzt bekannt gab. Er ist der fünfte Lyriker in zehn Jahren, der ihn bekommt. Er wurde schon öfter ausgezeichnet. Weil man davon aber nicht leben kann, ist er seit 2011 Professor für Sprache und Gestalt an der Kunsthochschule in Kiel und lebt in Wien und in der Raketenstation Hombroich bei Neuss. Da wurden früher Nato-Raketen gelagert und ja, man kann dort wohnen, kein Scherz.
Egger kümmert sich in erster Linie um Naturerfahrung, für die er einen künstlerischen Mix aus Lyrik, Prosa und eigenen Zeichnungen entwickelt hat. In »Val di Non« beschrieb er so 2017 ein Tal im Trentino samt Erlen, Gräsern, Würmern; in »Entweder ich habe die Fahrt am Mississippi nur geträumt, oder ich träume jetzt« 2021 verschiedene Flussfundstücke. Die Jury lobt seine »Textgewebe«, die »die große Tradition einer Physiognomik der Naturformen« fortsetze, »von den Steinen bis zu den Wolken«. Als Motto von »Val di Non« steht am Anfang: »Ich singe, also bin ich, singe ich.« Das ist natürlich schön geschrieben, oder besser gesagt: gesungen.
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