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Frankfurter Buchmesse: »Wir sind alle Überzeugungstäter«
Die Krise am Buchmarkt setzt sich fort. Wie gehen linke Verlage damit um?
Am Dienstagnachmittag wurde die Frankfurter Buchmesse eröffnet. Über 1000 Autoren und Sprecher bei 650 Veranstaltungen auf 15 Bühnen erwarten die Besucher. Die Vorverkaufszahlen liegen laut Buchmesse deutlich über dem Vorjahr. Die Buchmesse endet am Sonntag mit der Übergabe des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels an die US-Historikerin Anne Applebaum. Bereits am Montagabend wurde traditionell zum Start der Buchmessen-Woche der Deutsche Buchpreis vergeben. Die Auszeichnung ging in diesem Jahr an Martina Hefter für ihr Werk »Hey guten Morgen, wie geht es dir?«, einen Roman um Care-Arbeit, Internet-Betrüger und romantische Bedürfnisse.
Gastland ist dieses Jahr Italien, das von den Postfaschisten unter Giorgia Meloni regiert wird. Der mafia- und regierungskritische Bestsellerautor Roberto Saviano sollte nicht Teil der italienischen Delegation sein. Daraufhin erklärten auch einige linksliberale Schriftsteller*innen des Landes, lieber privat statt offiziell zur Messe anzureisen. Italien tut so, als wäre es ein freundliches Restaurant des Geistes und hat seinen Pavillon wie eine typische italienische Piazza gestaltet, »ein Ort, an dem alles geschehen kann und nichts unmöglich ist«, wie sein Architekt Stefano Boeri versichert. Fragt sich nur, was?
Das alles kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Buchbranche weiter in der Krise steckt. 2023 wurden in Deutschland 3,6 Millionen weniger Bücher verkauft als 2019. Gestiegene Kosten für Papier, Energie und Druck machen den Verlagen zu schaffen. Durch Digitalisierung, Inflation und Marktkonzentration gehen die Absatzzahlen von Büchern zurück. Besonders trifft es die linken Verlage. Vier von ihnen erläuterten, wie sie diese Krise erleben:
Edition Nautilus: »Wir begeistern uns für jeden Titel«
Warum wird Büchermachen immer teurer?
In der Corona-Pandemie waren die Papierpreise enorm gestiegen, was die Druckkosten stark in die Höhe getrieben hat. Und infolge des Krieges in der Ukraine sind dann die Energiepreise in die Höhe gegangen. Diese Kostensteigerung wurde zum Teil an die Verlage weitergegeben, in Form höherer Druckkosten, aber auch Transport- und Logistikkosten. In dieser Zeit gab es aber tolle Kampagnen für Bücher, etwa den Slogan »Bücher sind Lebensmittel«, als auch Förderprogramme vom Bund wie »Neustart Kultur«. Doch ab 2023 und ganz besonders in diesem Jahr brachen unsere Umsätze ein. Dafür ist sicherlich die Inflation und die schwache Konjunktur mitverantwortlich, die Menschen sparen mehr als zuvor. Ende Juli standen wir bei der Hälfte unseres Umsatzes des Vorjahreszeitpunktes. Das ist enorm und äußerst besorgniserregend, zumal es offenbar nicht an den jeweiligen Titeln liegt – Umsatzschwankungen hat man ja immer –, sondern die ganze Branche betrifft. Deshalb haben wir einen Aufruf gestartet, uns zu unterstützen.
Es werden weniger Bücher gekauft?
Allerdings, und nicht nur bei uns, die Zahl der Buchkäufer*innen geht insgesamt zurück. Nach einer ganz neuen Studie des Börsenvereins haben Verlage unserer Größenordnung im vergangenen Jahr einen Umsatzrückgang von 17,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen. Wir haben zur Zeit der Pandemie schon mal den Druck eines Titels verschoben, weil die Kosten so extrem in die Höhe gegangen sind. Aber das hat sich wieder etwas beruhigt. Der wichtigste Punkt ist eher die immer stärker abnehmende Sichtbarkeit der Bücher aus unabhängigen Verlagen in den Medien und im Buchhandel. Wir sparen aber auch in der Produktion und drucken beispielsweise momentan auf günstigerem Papier als bisher.
Verkaufen sich Belletristikbände besser als Sachbücher?
Einige der größeren Erfolge in den vergangenen Jahren waren schon Belletristik-Titel wie »Erschlagt die Armen!« von Shumona Sinha oder der Politthriller »Der Block« von Jérôme Leroy. Bei der Belletristik beobachten wir aber mehr das Phänomen, dass die einzelnen Titel schneller wieder aus der Wahrnehmung verschwinden, wohingegen Sachbücher zu bestimmten Themen sich über längere Zeit gut verkaufen. Zum Beispiel »Vergewaltigung« von Mithu Sanyal, das Buch »Boys don’t cry« über toxische Männlichkeit von Jack Urwin oder die pointierten feministischen und gesellschaftskritischen Essays von Laurie Penny.
War »Tannöd«, der von Nautilus verlegte Krimi der bis dahin unbekannten Autorin Andrea Maria Schenkel mit einer Million verkauften Exemplaren, der große Ausnahmefall?
Vielleicht war dieser Krimi ein Once-in-a-lifetime-Erfolg, aber wer weiß? Wir begeistern uns für jeden Titel, den wir ins Programm nehmen, und tun alles, was in unserer Macht steht, um damit möglichst viele Leser*innen zu erreichen. Wenn wir nur ein Hundertstel der Verkäufe von »Tannöd« erreichen würden, wäre das schon ein Erfolg. Also, wir lassen uns gern überraschen!
Sollte die Überraschung erstmal nicht kommen – lassen sich aufwendige, teure Bücher besser oder schlechter verkaufen?
Bei Nautilus erscheinen ja keine teuren Bildbände. Unsere Romane sind immer gebundene Bücher und damit in der Herstellung und dann im Ladenpreis schon teurer, aber die Preise gleichen sich immer mehr an. Mir scheint es wichtig zu vermitteln, den Wert des Buchs zu schätzen, auch der Ausstattung, aber vor allem des Inhalts wegen. Vielen Lesenden ist auch nicht klar, wie viele Beteiligte am Ende ihren Anteil am verkauften Buch bekommen, und wie gering dann dieser Anteil ist: Nur etwa zehn Prozent erhalten jeweils Autor*in und Verlag. Leider haben wir uns in den vergangenen Jahren aus Kostengründen gegen einige Titel entscheiden müssen. Vor allem bei Übersetzungen, denn da haben wir ja im Prinzip die doppelten Kosten, da das Übersetzerhonorar natürlich gezahlt wird, unabhängig davon, wie viele Bücher man verkauft. Ohne Fördergelder lässt sich das gar nicht mehr vernünftig kalkulieren, zumal bei kleineren Auflagen.
Nimmt das Interesse für herausfordernde Bücher ab?
Wir bekommen schon mal aus dem Buchhandel zu hören: »Unsere Kundschaft sucht gerade eher etwas Leichtes, Unterhaltsames.« Aktuell sind ja im Buchhandel auch »New Adult«- und »Romance«-Titel total im Trend. Aber das ist für uns natürlich kein Grund, auf diesen Zug aufzuspringen. Gerade in diesen politisch herausfordernden Zeiten braucht es doch eine Vielfalt an Themen und literarischen Ausdrucksformen, kämpferische Gegenstimmen und Bücher, die Debatten anstoßen und zum Denken und Handeln anregen.
Aber trotzdem schwindet die Medienaufmerksamkeit für Literatur?
Definitiv: In den vergangenen Jahren wurden etliche Literatursendungen in Radio und Fernsehen gestrichen. Begonnen hat es beim NDR, wo es das »Bücherjournal« seit 2020 nicht mehr gibt. Dann hat es Kürzungen im Hessischen Rundfunk gegeben, im letzten Jahr im BR, und vor zwei Monaten wurde angekündigt, dass es die Sendung »Lesenswert« im SWR-Fernsehen 2025 nicht mehr geben wird. Da frage ich mich schon: Was ist mit dem Bildungsauftrag der Öffentlich-Rechtlichen? Die Zeitungen und Zeitschriften stecken schon lange in der Krise, da gibt es immer weniger Platz für Kultur. Und dieser wenige Platz geht dann auch zulasten der Vielfalt, da findet eine immer größere Konzentration auf immer weniger Titel statt.
Der Buchhandel ist ebenfalls in der Krise. Schlägt das besonders stark auf Nautilus als kleinerem Verlag durch?
Auf jeden Fall, denn der Buchhandel ist unser wichtigster Partner und Vertriebsweg, unser größtes Schaufenster. In den vergangenen Jahren haben diverse für uns wichtige unabhängige Buchhandlungen schließen müssen, keinen Nachfolger gefunden oder sind unter das Dach von großen Buchhandelsketten geschlüpft. Die immer schwierigere Situation im Buchhandel bedeutet, dass weniger eingekauft wird, sich mehr auf verkaufsstarke Bestseller verlassen wird und die Bereitschaft sinkt, Büchern, die nicht von einer großen Medien- und Werbekampagne begleitet werden, den Platz auf dem Verkaufstisch zu geben. Insbesondere bei den großen Ketten beobachten wir ein immer zurückhaltenderes Einkaufsverhalten. Da waren vor zehn Jahren noch ganz andere Stückzahlen üblich und eine ganz andere Risikobereitschaft vorhanden, auch für Titel aus kleinen, unabhängigen Verlagen.
Ihre Vertreter können Nautilus-Titel in den Buchhandlungen nicht mehr so gut platzieren?
Nein, definitiv nicht. Abgesehen davon, dass die Anzahl der Buchhandlungen abnimmt, sind auch die Vorbestellungen der einzelnen Buchhandlungen deutlich zurückgegangen. Es wird mehr abgewartet, ob ein Titel medial Fahrt aufnimmt und von außen Nachfrage entsteht, und weniger riskiert – für uns ein Teufelskreis. Das kann man einerseits in dieser ökonomisch schwierigen Lage natürlich verstehen. Andererseits denken wir, dass es für Buchhandlungen immer wichtiger wird, ein interessantes und vielfältiges Sortiment anzubieten, um ihre Kundschaft zu halten, denn die Bestseller findet und bekommt man auch online, das Besondere aber sucht man im Laden und im Beratungsgespräch.
edition assemblage: »Unsere prekäre Arbeitssituation verschärfte sich«
»Wir sind ein Verlagskollektiv. Unsere Arbeit geht mit entsprechenden Bedürfnissen und Ansprüchen einher: Kollektiv zu arbeiten, erfordert wesentlich mehr Aufwand, als es die Wirtschaftlichkeit unseres Verlages normalerweise hergibt.
Wir finanzieren bereits einen Großteil unserer Titel mit Spenden und Projektfördergeldern. Dieses Vorgehen ist von großen Unsicherheiten geprägt. Wir können keine Stellen kalkulieren, die langfristig bestehen und angemessen entlohnt werden. Wir haben in den vergangenen zwei Jahren eine erhebliche Verkleinerung unseres Kollektivs, nicht zuletzt auch wegen dieser Unsicherheiten, hinnehmen müssen.
Die Krise trifft uns auf der wirtschaftlichen wie der persönlichen Ebene. Während der Corona-Pandemie wurde unsere Arbeit immer wieder durch Lockdowns, verschiedene Abstandsregelungen und natürlich auch individuelle Phasen von Krankheit und Quarantäne gestört. Doch während wir kaum zum Arbeiten kamen, hatten unsere Leser*innen mehr Zeit zum Lesen und die Verkäufe sämtlicher Titel stiegen leicht an.
Wir bekamen staatliche Förderung, um ein wirtschaftliches Problem zu lösen, das wir in der Anfangszeit noch gar nicht hatten. Wie wir als Kollektiv, das zu dem Zeitpunkt mehrheitlich aus mehrfachdiskriminierten und gesundheitlich vulnerablen Personen bestand, leben sollten, blieb uns überlassen. Unsere ohnehin prekäre Arbeitssituation verschärfte sich. Mit dem offiziellen Ende der Pandemie begannen sich auch unsere Verkäufe rückläufig zu entwickeln.
Wir finden immer Bücher, für die wir uns anstrengen – und auch gestiegene Produktions- und Lagerkosten in Kauf nehmen –, aber unsere Arbeitskraft und unsere politische Stimme, die erlangen und erhalten wir nicht durch unsere Wirtschaftlichkeit, sondern durch unsere Möglichkeiten, sicher und versorgt in der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu sein. Deshalb streiten wir zusammen mit anderen Verlagen und der Kurt-Wolff-Stiftung für eine strukturelle Förderung für unabhängige Verlage.«
Aus einem Gesprächsprotokoll mit Hannah, Carina und Willi – dem Kollektiv der edition assemblage aus Münster.
Unrast: »Ein permanentes Abwägen«
Wie geht es dem Unrast-Verlag?
Tatjana Niederberghaus: Die Produktionskosten, sprich die Druckpreise und dort insbesondere die Papierpreise, haben sich in den vergangenen drei Jahren nahezu verdoppelt. Das ist nur zu einem geringen Anteil über erhöhte Ladenpreise für unsere Bücher auszugleichen, schon mal gar nicht ad hoc. Denn Ladenpreiserhöhungen haben ja immer auch zur Folge, dass der Verkauf zurückgeht – insbesondere bei einem wichtigen Teil unserer Zielgruppe: junge Leute, Studierende …
Jörn Essig-Gutschmidt: Das Problem zieht sich durch die ganze Branche – insbesondere kleinere Buchläden haben arg zu kämpfen, denn sie sind indirekt von der Ladenpreispolitik der Verlage abhängig. Die Folge ist, dass sie sehr viel zögerlicher ihre Regale mit Titeln auffüllen, wie wir sie veröffentlichen, die ich mal als Nischentitel bezeichnen möchte. Die Buchbranche schwächelt. Das macht sich natürlich auch bei unseren Verkaufszahlen bemerkbar.
Trägt sich der Verlag denn finanziell?
Tatjana Niederberghaus: Ja, der Verlag trägt sich finanziell, wir haben aber sehr mit der allgemeinen Krise in der Buchbranche zu kämpfen. Die erste Stellschraube, wenn es mal schlecht läuft, sind unsere einheitlichen Kollektivlöhne, die wir in diesem Jahr bereits zwei Mal nach unten korrigieren mussten. Um die Bücher entsprechend zu finanzieren, mussten wir in diesem Sommer auch wieder ein Crowdfunding starten, weil unsere liquiden Mittel mal wieder nicht ausreichen, die Herbstproduktion vorzufinanzieren.
Wegen der gestiegenen Produktionskosten?
Jörn Essig-Gutschmidt: Gestiegene Produktionskosten sind natürlich der wichtigste Punkt, aber leider nicht der einzige. Beispielsweise schwächelt gerade auch das in der Buchbranche wichtige zweitgrößte Barsortiment (der Zwischenbuchhandel, d.Red.) Zeitfracht – somit auch unser zweitgrößter Kunde, was große Auswirkungen auf unsere Liquidität hat. Das trifft dann natürlich nicht nur uns und andere Verlage, sondern auch unsere Verlagsauslieferung, die prozentual von diesen Umsätzen lebt. Von Autor*innen und Vertreter*innen gar nicht zu sprechen, die ja ebenfalls prozentual von unseren Umsätzen abhängig sind.
Verkaufen sich Belletristikbände besser als Sachbücher?
Tatjana Niederberghaus: Wir haben zwar mit den »insurrection notes« eine kleine, aber feine Belletristikreihe, unser Großteil besteht jedoch aus Sachbüchern. Wir schauen bei der Auflagenhöhe natürlich auch immer auf den jeweiligen Titel und den entsprechenden Zielgruppen. Was aber zu beachten ist: Je kleiner die Auflage, umso teurer wird der einzelne Titel. Es bleibt also ein permanentes Abwägen unserer Kostenkalkulation. Aber auch die vergleichsweise teureren vierfarbig gedruckten Comics und Graphic Novels verkaufen sich nicht schlechter als ein günstiges Taschenbuch. Es kommt – zumindest bei unserer Leser*innenschaft – eher auf die Themen und Inhalte an als auf die Ausstattung.
Gibt es Bücher, die deswegen nicht veröffentlichten werden?
Jörn Essig-Gutschmidt: Nein, bevor es an der Produktion scheitert, haben wir meist noch die Möglichkeit, an anderen Hebeln anzusetzen. Wir müssen uns dann notfalls irgendwo Geld leihen oder um externe Förderungen kümmern. Das ist natürlich ziemlicher Zusatzaufwand, der einem den Spaß am Büchermachen auch mal vergraulen kann. Wir arbeiten gerade an einem kontinuierlicherem Förderkonzept à la »Friends of Unrast«, um nicht immer wieder die Crowd um Hilfe bitten zu müssen. Wer uns also in Zukunft regelmäßig mit einem kleinen monatlichen Betrag unter die Arme greifen möchte, möge sich gerne melden.
Gibt es ein abnehmendes Interesse an herausfordernden Büchern?
Tatjana Niederberghaus: Wir glauben nicht, dass es an herausfordernden Büchern liegt! Es ist eher allgemein eine gewisse Trägheit auf dem Buchmarkt zu beobachten. Aber unsere Leser*innen mögen uns ja genau dafür: für unsere herausfordernden und auch schon mal kontroversen Inhalte. Die werden wir auch in Zukunft nicht weniger herausfordernd behandeln.
Jörn Essig-Gutschmidt: Wir glauben, es ist eher eine Verschiebung zu beobachten. Printmedien verringern etwa die Häufigkeit ihrer Produktionen, veröffentlichen nicht mehr täglich, sondern wöchentlich. Natürlich hat das auch Auswirkungen auf Rubriken wie Rezensionen, so dass insgesamt weniger rezensiert wird. Der Diskurs bleibt aber bestehen und verschiebt sich in andere Formate wie Lesekreise, Podcasts oder in die sozialen Medien.
Tatjana Niederberghaus: Wir haben zwar mit unrast-verlag.de einen Webshop, aber es gibt viele Kund*innen, die den Einkauf im Buchhandel ihres Vertrauens schätzen und nicht missen wollen. Wir arbeiten mit vielen, nicht nur explizit linken, Buchhandlungen zusammen. Auch die melden uns ein vorsichtigeres Einkaufsverhalten der Kund*innen zurück.
Assoziation A: »Verlegen ist eines der letzten Abenteuer«
Theo Bruns: Was soll ich sagen oder klagen: Der linke und unabhängige Verlagskosmos basiert schon immer auf hohem Einsatz, prekärer Arbeit, Hungerlöhnen und in der Folge nur zu oft drohender Altersarmut. Wir sind alle Überzeugungstäter*innen und gehen unserer Arbeit mit Leidenschaft nach. Aber nein: Wir konnten uns noch nie angemessene Gehälter oder Honorare auszahlen, diese bewegten sich oft unter dem Niveau des Mindestlohns. Es ist immerhin zu begrüßen, dass es in den vergangenen Jahren – zum Teil ausgelöst durch Corona – erste Überlegungen und Initiativen zur finanziellen Förderung des (Klein-)Verlagswesens gibt, analog zur Förderung von Programmkinos, engagierten Buchhandlungen oder anderen Sparten der Kulturbranche. Das ist bislang nur ein Tropfen auf den heißen Stein, aber immerhin ein Schritt in die richtige Richtung.
Die verkauften Auflagen – vor allem im Sachbuchbereich – sind kontinuierlich zurückgegangen. Die durchschnittliche »Lebenszeit« eines Buches ist deutlich kürzer geworden; häufig verschwinden Titel bereits nach einem halben Jahr vom Markt und werden von den Barsortimenten nicht mehr angeboten. In den Medien ist der Platz für Buchrezensionen geschrumpft. Engagierte Buchhandlungen finden oft keine Nachfolger*innen, weil auch sie nur klägliche Löhne zahlen können.
Die gestiegenen Produktionskosten machen Bücher für die Endkund*innen natürlich teurer, sind aber nicht das Hauptproblem. Aufwendig gestaltete Bücher haben einen Markt, weil dies vom Publikum durchaus positiv aufgenommen wird. Die Ansprüche an eine ansprechende Gestaltung sind gestiegen. Wir publizieren trotzdem weiter die Bücher, die uns am Herzen liegen, sind aber öfter als früher gezwungen, uns um Druckkostenzuschüsse zu kümmern. Auswirkungen auf unser Programm hat die Krise des Buchmarkts nicht. Im Zweifelsfall sparen wir bei uns selbst. Verlegen ist eines der letzten Abenteuer unserer Zeit und nach wie vor eine beglückende und hoffentlich bewegende Tätigkeit, die einen winzigen Beitrag zu einer besseren Welt leisten kann.
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