Die Aufteilung der Ukraine

Wolfgang Hübner über die angekündigten Ukraine-Verhandlungen zwischen den USA und Russland

Wladimir Putin (l.) und Donald Trump trafen sich bereits 2019 während des G20-Gipfels.
Wladimir Putin (l.) und Donald Trump trafen sich bereits 2019 während des G20-Gipfels.

Hält Donald Trump sein Wahlkampfversprechen, den Ukraine-Krieg schnell zu beenden? Zwar nicht binnen 24 Stunden, wie behauptet, aber doch in absehbarer Zeit?

Zweifel sind angebracht. Aber immerhin wird gesprochen zwischen Washington und Moskau. Vorerst am Telefon, demnächst vielleicht an einem Tisch. Sogar das Wort Diplomatie ist gefallen. Was aus Trumps großsprecherischer Ankündigung wird, ist völlig offen. Man erinnert sich an seine bombastisch inszenierte Begegnung mit Nordkoreas Staatschef Kim Jong-un: ein Fototermin, aus dem nichts, aber auch gar nichts folgte.

Natürlich ist nichts dringlicher zu wünschen als ein Ende des Mordens in der Ukraine. Doch damit ist längst nicht alles gut. Die USA, die wie Westeuropa wenig bis nichts getan haben, um den lange schwelenden und sich zuspitzenden Konflikt zwischen Russland und der Ukraine zu entschärfen, die den schließlich offen ausgebrochenen Krieg mit immer neuen Rüstungspaketen maßgeblich befeuerten – die USA machen nun eine Deal mit der stärkeren Seite, dem Aggressor. Trump, der sich gern mit dem Friedensnobelpreis schmücken möchte, ist der Krieg zu teuer, er will billiger an Bodenschätze und andere Ressourcen sowie an Einflussgebiete herankommen. Es geht ihm nicht um Menschenrechte und Humanität. In der Ukraine genauso wenig wie gegenüber Migranten aus Lateinamerika und den Palästinensern.

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Das Gesprächsformat, das ihm vorschwebt, ist bezeichnend: Er spricht mit Putin und kommt ihm weit entgegen; Selenskyj, um dessen Land es geht, wird informiert. Ein Deal eben, bei dem am Ende – auf welche Weise auch immer – die Ukraine aufgeteilt wird. China und Indien, zwei große Partner Russlands, werden mit ihren Vorschlägen ignoriert. Die Europäische Union, bisher in treuer Gefolgschaft zum Weißen Haus, ist für Trump nicht mehr als ausführendes Fußvolk. Sie muss spätestens jetzt ein neues Selbstbewusstsein entwickeln: nicht im Sinne einer waffenstarrenden Militärmacht, sondern raus aus der Konfrontation, als Aktivposten für eine friedliche Zusammenarbeit im Interesse gemeinsamer Sicherheit, inklusive Russland. Wenn Trump tatsächlich Frieden will, dann sollte sich die EU, sollte sich Deutschland nicht den irrsinnigen Aufrüstungsforderungen aus den USA beugen. Und Deutschland sollte sich für den Verzicht auf die Stationierung von US-Mittelstreckenraketen einsetzen, die dem Bundeskanzler als Tatsache mitgeteilt worden war. So wie jetzt Selenskyj – der längst weiß, dass er den Krieg nicht gewinnen kann – nur darüber informiert werden soll, was aus seinem Land wird.

Zum Thema: Sicherheit nicht garantiert – Trotz der »bitteren Lektion« nicht eingehaltener Sicherheitsversprechen fordert die Ukraine neue Bekenntnisse des Westens

Bis zu einem Frieden für die Ukraine ist es ein weiter Weg. Wenn es ein auch nur annähernd gerechter Frieden sein soll, der der Ukraine ihre Selbstbestimmung erhält. Zu befürchten ist indessen, dass sich die USA und Russland auf Kosten der Ukraine einigen und damit nur fortsetzen, was seit Beginn des Ukraine-Konflikts das Ziel der Großmächte ist: ihre jeweiligen Machtbereiche abzustecken, möglichst auszuweiten. Die einen nehmen ihren Teil als Kriegsbeute in Form von Landraub, die anderen den ihren in Form von exklusiven Rohstoffen als Preis für den Frieden. Ungewiss, wie lange ein solcher Frieden zu demütigenden Bedingungen für die Ukrainer hält, denn in ihm dürfte der zugrunde liegende Konflikt nicht beigelegt, sondern konserviert sein. Vielleicht bis zum nächsten Krieg.

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