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Politische Polizei in Bayern
Extra-Erfassung von Veranstaltungen »gegen CDU und CSU«
Die bayerische Polizei erfasst seit Kurzem Protestaktionen gegen Unionsparteien gesondert in ihren Datenbanken. In einem Artikel im Polizei-Intranet wurden Beamt*innen angewiesen, ein neues Schlagwort »gegen CDU und CSU« für Veranstaltungen zu verwenden, die sich zur Bundestagswahl gegen die Konservativen richten – insbesondere den »Fünf-Punkte-Plan«. Gemeint ist der migrationsfeindliche Antrag, den Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz jüngst mit Stimmen von AfD, FDP und BSW im Bundestag beschließen ließ.
Über die Anweisung berichtet der »Bayerische Rundfunk«, der aber nichts über die Verantwortung herausfand: Das Landeskriminalamt verweist auf das Polizeipräsidium Mittelfranken, dieses auf das Innenministerium. Dort heißt es, die Maßnahme diene der »Abwehr politisch motivierter Straftaten«.
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Polizist*innen hätten gegenüber dem Sender geäußert, dass sie sich für parteipolitische Zwecke missbraucht fühlten. Für andere Parteien existieren keine vergleichbaren Schlagwörter, obwohl etwa die Zahl der Sachbeschädigungen an Wahlkreisbüros der Grünen drastisch zugenommen hat. Die Proteste gegen die Unionsparteien seien eine »Serie von Ereignissen«, sagt das Innenministerium dazu, bei anderen Parteien seien Taten »einzelfallbezogen«.
Das Schlagwort gelte nur für den internen Veranstaltungskalender der Polizei, heißt es weiter. Es gebe keine Verknüpfung mit personenbezogenen Daten. Die Erfassung betrifft aber das gesamte Bundesgebiet und umfasst auch »anderweitige Aktionen vor beziehungsweise im unmittelbaren Umfeld von Objekten der CDU/CSU«.
Die konservative Landesregierung könnte die Informationen nutzen, um Hauptverantwortliche für Proteste gegen die fallende »Brandmauer« zwischen Union und AfD leichter zu ermitteln. Vergangene Woche sorgte dazu der Osnabrücker CDU-Bundestagsabgeordnete Mathias Middelberg für Kritik, der nach den zuletzt großen Demonstrationen eine staatliche Förderung von Vereinen und Initiativen, die dazu aufgerufen hatten, streichen will.
Die in Middelbergs Nachbarwahlkreis antretende SPD-Politikerin Anke Hennig bezeichnete es gegenüber der »Neuen Osnabrücker Zeitung« als »vollkommen falsche Botschaft«, die Finanzierung von Demokratie-Initiativen in Zweifel zu ziehen. Der Linke-Bundestagskandidat Erik Frerker sprach von einer »reinen Scheindebatte«. Unterstützung erhielt Middelberg vom Parteifreund Lutz Brinkmann, der eine solche Debatte »vollkommen wichtig und richtig« findet.
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