Ukraine-Gipfel: Paris und London werden initiativ

Bei Sondergipfel zum Ukraine-Krieg wird eigener Plan für eine Waffenruhe erarbeitet

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (l.) und Großbritanniens Premierminister Keir Starmer stehen an der Spitze der Koalition der Willigen für einen Plan zur Beendigung der Kämpfe in der Ukraine.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (l.) und Großbritanniens Premierminister Keir Starmer stehen an der Spitze der Koalition der Willigen für einen Plan zur Beendigung der Kämpfe in der Ukraine.

Die Europäische Union hat Großbritannien verlassen, Europa bleibt das Vereinigte Königreich im Ukraine-Krieg im Gegensatz zu den USA unter Donald Trump jedoch verbunden. »Wir haben uns nun darauf geeinigt, dass das Vereinigte Königreich zusammen mit Frankreich und möglicherweise ein oder zwei weiteren Ländern mit der Ukraine an einem Plan zur Beendigung der Kämpfe arbeiten wird«, sagte der britische Premierminister Keir Starmer am Sonntag in einem Interview mit der BBC vor dem Sondergipfel in London. Anschließend solle der Plan mit den Vereinigten Staaten besprochen werden. Das sei das Ergebnis von Gesprächen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und US-Präsident Donald Trump am Samstag.

»Koalition der Willigen«

Starmer betonte, er wolle gemeinsam mit anderen handlungsbereiten Verbündeten vorangehen, um konkrete europäische Sicherheitsgarantien für die Ukraine auf den Weg zu bringen. »Das ist wahrscheinlich erst einmal eine Koalition der Willigen«, sagte Starmer. Er wolle niemanden kritisieren, aber das sei besser, als auf jedes einzelne Land in Europa zu warten. Welche Rolle Deutschland spielen soll, blieb zunächst offen.

Zu dem Eklat im Weißen Haus zwischen Selenskij, Trump und dessen Vize Vance sagte Starmer: »Das will niemand sehen.« Deswegen habe er den Hörer in die Hand genommen und mit den Beteiligten gesprochen. »Mein Antrieb war, dies gewissermaßen zu überbrücken und uns wieder auf den zentralen Fokus zurückzuführen«, sagte Starmer.

USA wollen keine Absicherung zusagen

Der britische Premier hatte mehr als ein Dutzend westliche Staats- und Regierungschefs sowie die Spitzen von EU und Nato zu Beratungen nach London eingeladen. Auch Bundeskanzler Olaf Scholz reiste zu dem Treffen in die britische Hauptstadt. Selenskyj traf bereits am Vortag in London ein. Neben dem Zerwürfnis zwischen der Ukraine und den USA dürften vor allem die dadurch aufgeworfenen Zweifel an der Bündnistreue des wichtigsten Nato-Mitglieds unter Präsident Trump das Gipfeltreffen dominieren.

Großbritannien und Frankreich haben Bereitschaft signalisiert, eigene Truppen zur Friedenssicherung in der Ukraine abzustellen. Sie pochen allerdings auf eine Absicherung durch die USA – und zu einer entsprechenden Zusage ließ sich Trump trotz einer Charme-Offensive Macrons und Starmers bei Besuchen in Washington in dieser Woche bisher nicht bewegen.

Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni war bereits vorher zu einem bilateralen Gespräch mit Starmer in der Downing Street empfangen worden. Sie warnte vor einer Spaltung des Westens und betonte die Rolle Italiens und Großbritanniens als Brückenbauer zu den USA unter Präsident Donald Trump.

Die militärische Absicherung eines Friedens durch die USA werde Inhalt von andauernden Diskussionen mit Washington sein, sagte Starmer. Das wichtigste Ergebnis seines Treffens mit Trump in dieser Woche sei, dass solche Gespräche zwischen den USA und Großbritannien vereinbart worden seien. »Es ist aus meiner Sicht klar, dass Präsident Trump einen andauernden Frieden will und ich stimme mit ihm darin überein«, sagte der Brite.

Warmer Empfang für Selenskyj in London

Bei Selenskyjs Treffen mit Trump am Freitag war es zu einem beispiellosen Eklat gekommen. Der Ukrainer lieferte sich vor laufenden Kameras ein heftiges Wortgefecht mit Trump und dessen Vize JD Vance, die ihn öffentlich mit schweren Vorwürfen überzogen. Beide warfen Selenskyj fehlende Dankbarkeit für die US-Militärhilfe und Respektlosigkeit vor. Trump drohte zugleich mit dem Ende der US-Unterstützung, sollte Selenskyj nicht einem Deal mit Russland zustimmen. Die ukrainische Delegation musste daraufhin ohne die erhoffte Solidaritätsadresse ihres bis dato wichtigsten Verbündeten abreisen. Zur Unterzeichnung eines Abkommens über den Abbau von Bodenschätzen in der Ukraine und einer gemeinsamen Pressekonferenz kam es auch nicht mehr.

Der Vorfall löste bei den europäischen Verbündeten der Ukraine Bestürzung aus. Zahlreiche Regierungen bekundeten Selenskyj ihre Solidarität. Starmer, der sich als Brückenbauer zwischen den USA und Europa positioniert, hatte auf eine öffentliche Solidaritätsbekundung mit Selenskyj auf Social Media zunächst verzichtet, dem ukrainischen Präsidenten aber einen demonstrativ herzlichen Empfang an seinem Amtssitz in der Downing Street bereitet.

Erwartet wurden in London neben Selenskyj und Scholz unter anderem auch Macron, Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, Polens Regierungschef Donald Tusk sowie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, EU-Ratspräsident António Costa und Nato-Generalsekretär Mark Rutte. Auch Kanadas Premierminister Justin Trudeau und der türkische Außenminister Hakan Fidan reisten in die britische Hauptstadt.

Rutte hatte Selenskyj am Samstag warnend aufgefordert, seine Beziehung zu Trump wieder zu kitten. Die Ukraine, die USA und Europa müssten zusammenhalten, damit in der Ukraine ein dauerhafter Frieden Einzug halten könne, sagte Rutte der BBC. Mit Agenturen

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