- Politik
- Schwarz-Rotes Finanzpaket
Die Milliarden-Aufrüstung kommt
Bundestag verabschiedet Schuldenpaket von CDU und SPD mit nötiger Zweidrittelmehrheit
Schon wieder ein historischer Tag im Parlament. Nur eine Woche vor der Konstituierung des nächsten Bundestages hat der »alte« Bundestag am Dienstag das Schwarz-Rote Milliarden-Finanzpaket für Aufrüstung und Infrastruktur mit 513 Ja-Stimmen von CDU, SPD und Grünen verabschiedet. Linke, BSW und AfD stimmten gegen die Änderungen im Grundgesetz.
Noch am Montag sah es so aus, als könne das Vorhaben von CDU-Chef Friedrich Merz und SPD-Chef Lars Klingbeil noch scheitern. Die Fallstricke, die das Schuldenpaket hätten verhindern können, wurden bis zum Abend aber weitgehend beseitigt: Die Eilverfahren einzelner Bundestagsabgeordneter gegen die Abstimmung beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe wurden abgelehnt. Die Zahl derjenigen, die in den Reihen der Union gegen das Paket stimmen wollte, blieb im einstelligen Bereich. Jetzt muss am Freitag nur noch der Bundesrat den Grundgesetzänderungen mit einer Zweidrittelmehrheit zustimmen. Dass das Paket auch dort durchgeht, gilt aber als so gut wie sicher, nachdem die bayerische Landesregierung von CSU und Freien Wählern sich am Montagabend auf eine Zustimmung einigen konnten.
»Was wir heute entscheiden, wird die Partnerschaft zu den USA langfristig stärken.«
Boris Pistorius SPD-Verteidigungsminister
Beschlossen wurden im Kern drei Punkte:
- Künftig können Aufrüstungs- und Verteidigungsausgaben, die ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts überschreiten, ohne Obergrenze über Staatsschulden finanziert werden. Das umfasst die Bereiche Bundeswehr, Zivil- und Bevölkerungsschutz, Nachrichtendienste, Cybersicherheit und Hilfen für völkerrechtswidrig angegriffene Staaten.
- Der Bund kann über ein Sondervermögen Infrastruktur am Bundeshaushalt vorbei in den kommenden zwölf Jahren in Höhe von 500 Milliarden Euro für den Bereich Infrastruktur verfügen. Davon sollen 100 Milliarden in den Klimaschutz und den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft fließen. Außerdem wichtig: Das Sondervermögen gilt nur für zusätzliche Investitionen neben den regulär im Haushalt geplanten Vorhaben. Diese Zugeständnisse konnten die Grünen im Tausch für ihre benötigten Stimmen erringen.
- Die Länder sollen 100 Milliarden Euro aus dem Sondervermögen zur eigenständigen Förderung ihrer Infrastruktur erhalten. Außerdem sollen künftig auch die Länder insgesamt jedes Jahr bis zu 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung an neuen Schulden aufnehmen dürfen. Im letzten Jahr hätte das etwa 16 Milliarden Euro entsprochen. Bisher verweigerte die Schuldenbremse ihnen eine Kreditaufnahme.
Der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten, Lars Klingbeil, lobte die Einigung und sprach von einem historischen Kompromiss zwischen Union, SPD und Grünen. Diese Einigkeit sei ein wichtiges Zeichen und unterscheide Deutschland auch von anderen Ländern, führte Klingbeil weiter aus. »Wachstum, Wohlstand und Sicherheit rücken damit in den Mittelpunkt,« betonte der Sozialdemokrat.
SPD-Verteidigungsminister Boris Pistorius legte in seiner Rede noch einmal die Begründung für die Notwendigkeit des Schuldenpaketes dar. »Wir müssen für unsere eigene Sicherheit unseres Kontinents sorgen, und zwar deutlich mehr deutlich besser als zuvor,« so der Politiker. Das Argument lautet also, man wolle sich von den USA unabhängig machen. Gleichzeitig betonte Pistorius aber: »Unsere Verbindung mit den USA werden wir nicht infrage stellen. Was wir heute entscheiden, wird diese Partnerschaft langfristig stärken.«
Auch CDU-Chef und Bundeskanzler in spe Friedrich Merz ging auf diese zwei Punkte ein: »Von unserer Entscheidung heute hängt nicht nur die Verteidigungsfähigkeit unseres Landes ab. Unsere Verbündenden in der Nato schauen heute ebenso auf uns, wie unsere Feinde und die Gegner unser demokratischen und regelbasierten Ordnung«. Er betonte, dass die Ausnahme der Verteidigungsausgaben von der Schuldenbremse einem täglichen Krieg gegen Deutschland gleichkomme, der »jeden Tag« stattfinde.
Auch wenn die Grünen-Fraktion dem Finanzpaket zustimmte, begann ihre Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann ihre Rede mit einem Angriff in Richtung CDU. Entgegen der Rhetorik Friedrich Merz’ hätten sich sie Bedingungen gar nicht geändert. Dass dieses Land dringend Investitionen brauche, sei schon im vergangenen Jahr klar gewesen. »Wir haben sie darum gebeten uns auf diesem Weg zu begleiten. Sie haben jede Idee zur Frage der Reform einer Schuldenbremse oder Erweiterung von Sondervermögen kategorisch abgelehnt,« rief sie vorwurfsvoll in Richtung CDU. Am Wiederholen der Aussage, Deutschland hätte kein Einnahmeproblem, sondern ein Ausgabenproblem, habe sich die CDU regelrecht berauscht.
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Inhaltliche Kritik an dem Vorhaben der künftigen Bundesregierung kam von Linken und BSW. Der Linkenabgeordnete und künftige Ko-Vorsitzende der Fraktion im neuen Bundestag, Sören Pellmann, hat der Union eine unsoziale Politik vorgeworfen. Union und SPD bescheinigte er eine Militarisierung der deutschen Gesellschaft, die Die Linke nicht mittrage. Schon jetzt würden parallel zu den geplanten Milliardenschulden Einsparungen vorbereitet, und das vor allem beim Sozialstaat.
BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht, sagte, beschlossen würden nun »Kriegskredite mit Klimasiegel«. Hauptsache man habe sich geeinigt, und sei es auf den größten Schwachsinn, schimpfte sie weiter. Während ihrer Rede hielten BSW-Abgewordnete Transparente hoch, auf denen »1914 wie 2025: Nein zu Kriegskrediten« stand und handelten sich damit einen Ordnungsruf ein. Die SPD hatte den Kriegskrediten im Reichstag 1914 zugestimmt.
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