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Vonovia baut auf Bundesmittel
Immobilienkonzern rechnet mit kräftigen Profiten und will Bauvorschriften lockern
»Der Immobilienmarkt reagiert aktuell deutlich auf die angekündigten Investitionspläne der Bundesregierung«, sagt Vonovia-Chef Rolf Buch mit Blick auf das 500-Milliarden-Paket, das SPD, CDU und Grüne für Investitionen in die Infrastruktur geschnürt haben. Tatsächlich steigen die Bauzinsen schon und Baumaterialien werden kostspieliger. Aber die mittel- und langfristigen Auswirkungen auf Immobilienpreise und Finanzierungskosten seien noch unklar. Und, gibt er bei der Bilanzpressekonferenz am Mittwoch zu bedenken, »nur Geld allein hilft dem Wohnungsbau nicht«.
Das Geschäftsjahr 2024 schließt Vonovia SE positiv ab. »Alle wesentlichen Kennzahlen erreichen das obere Ende der Prognose«, sagte Finanzvorstand Philip Grosse. Der Gewinn vor Steuern und Bewertung des Immobilienbestandes (Ebitda) stieg um bescheidene 1,6 Prozent auf rund 2,6 Milliarden Euro. Entscheidend ist aber der Kurswechsel: Das Bochumer Unternehmen »schaltet zurück auf Wachstum«. Jetzt sei der Zeitpunkt gekommen, als Marktführer seine Größenvorteile auszuspielen.
Tausende Wohnungen abgestoßen
Auf die in den Jahren 2022 und 2023 rasant gestiegenen Zinsen und den Fall der Immobilienpreise hatte Europas größtes Wohnungsunternehmen noch mit einem Stopp von Neubauprojekten und dem Verkauf Tausender Wohnungen aus dem Bestand reagiert. Das sollte Geld in die Kassen spülen, um in der sich abzeichnenden Krise liquide zu bleiben. Noch im vergangenen Jahr veräußerte Vonovia rund 4500 Wohnungen für etwa 700 Millionen Euro an das Land Berlin. Insgesamt schöpfte der Konzern gut 11 Milliarden Euro »an zusätzlichem Cash« aus Verkäufen und der Ausgabe von Anleihen.
Ziel von Buch und seinem Team ist es, den Ratingagenturen eine saubere Bilanz zu präsentieren, um die Refinanzierungskosten dauerhaft niedrig zu halten. Denn die Höhe der Zinskosten, die für die Verbindlichkeiten von rund 40 Milliarden Euro anfallen, hängt maßgeblich von den Noten ab, die Moody’s und Standard & Poor’s vergeben. Tatsächlich sind die niedrigen Finanzierungskosten mit 1,9 Prozent ein Spitzenwert in der Immobilienwirtschaft und Bedingung für hohe Gewinne.
Bereits seit dem Börsengang im Jahr 2013 hat Vonovia besseren Zugang zu Kapital. So wuchs der Konzern bis 2021 zum europäischen Marktführer heran. Heute gehören ihm rund 540 000 Wohnungen »in den attraktivsten Metropolen«, primär in Deutschland, aber auch in Schweden und Österreich.
Hohe Mietquote in Deutschland
Nirgendwo sonst in der Europäischen Union wohnen so viele Menschen zur Miete wie hierzulande. Besonders attraktiv sind aus Sicht der Wohnungswirtschaft große Städte. Mit Abstand die höchsten Quoten weisen laut Statistischem Bundesamt die Stadtstaaten auf (Berlin: 84 Prozent, Hamburg: 80 Prozent, Bremen: 68 Prozent). Während die Mieterquote in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten im Westen durch Zuzug sogar um einen Prozentpunkt auf 56 Prozent stieg, zeigt sich für den Osten in Folge von Abwanderung eine fallende Tendenz (72 auf 66 Prozent).
Buch betont, dass der Immobilienriese mit seinen 12 000 Beschäftigten »nicht der Markt« sei, aber aufgrund seiner Größe spielt das Unternehmen für dessen Entwicklung eine wichtige Rolle. Und zwar in der unteren und mittleren Preisklasse. Seine Durchschnittsmiete gibt Vonovia mit 8,01 Euro an und liegt damit immerhin deutlich unter dem Niveau in den großen Städten, wie sie der jüngste »Deutschlandatlas« des Bundes ausweist. Bundesweit lagen die Bestandsmieten zum Erhebungsstichtag allerdings bei 7,28 Euro je Quadratmeter und damit 2,40 Euro unter den durchschnittlichen Wiedervermietungsmieten inserierter Wohnungen von 9,66 Euro.
Mieter, Mietervereinigungen und Bürgerinitiativen haben in der Vergangenheit Vonovias Geschäftspolitik scharf kritisiert. Vorstandsvorsitzender Buch verweist dagegen auf eine hohe Mieterzufriedenheit, wie Umfragen ergeben hätten. Modernisierung von der Stange und modulare energetische Sanierung sollen den Wert des Immobilienbestandes künftig weiter steigern. Man baut dabei auf die 100 Milliarden Euro aus dem Klimapaket, das Teil der angekündigten Investitionspläne der künftigen Bundesregierung ist. Doch die Politik müsse vor allem die Regeln für Neubauten lockern und für genügend Fachkräfte sorgen. Bis 2028 soll dann der jährliche Gewinn Vonovias um rund 30 Prozent gesteigert werden.
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