Armes, reiches Afrika

Rohstoffinteressen und Sicherheitsfragen stehen in Berlin und der EU oben auf der Prioritätenliste

Der afrikanische Kontinent ist in den vergangenen zehn Jahren wieder verstärkt in den Fokus der deutschen und der EU-Politik geraten. Das liegt zum einen am globalen Wettlauf um die Rohstoffe, zum anderen an so genannten Sicherheitsinteressen wie dem Kampf gegen den Terror und die Migration.

Trotz immenser Rohstoffaufkommen ist Armut Afrikas Gegenwart: Der afrikanische Kontinent beherbergt 89 Prozent der Weltreserven an Platin, 60 Prozent der Diamanten sowie bedeutende Anteile bei Gold, Kobalt, Mangan, Chrom, Bauxit, Nickel, Kupfer, Kohle und Uran. Und 2010 soll nach Prognosen jedes fünfte Barrel (159 Liter) Erdöl auf dem Weltmarkt aus der Region des Golfs von Guinea kommen. Der Ressourcenreichtum kommt der Bevölkerung jedoch nur in Ausnahmefällen wie in Botswana zu Gute. Insgesamt leben 300 Millionen der gut 900 Millionen Afrikaner statistisch von weniger als einem US-Dollar pro Tag. Daran haben auch die relativ hohen Wachstumsraten in den letzten Jahren vor dem Beginn der Finanzkrise nichts geändert.

Der durch die Weltwirtschaftskrise gebremste Aufschwung beruhte indes auf den Strukturen, die in der Kolonialzeit mit der starken Ausrichtung der Volkswirtschaften auf den Rohstoffexport gelegt wurden. An dieser Einordnung des Kontinents als Rohstofflieferant in die Weltwirtschaft hat sich auch nach der formalen Unabhängigkeit angefangen mit Ghana 1957 nichts verändert. Im Gegenteil: Auch der Agrarsektor wurde im Zuge der Schuldenkrise in den 80er Jahren zwangsweise zur Devisenmaximierung auf Export ausgerichtet: Ananas, Schnittblumen und Wintergemüse statt Grundnahrungsmittel, hieß die von Internationalem Währungsfonds und Weltbank auferlegte Devise. War Afrika 1980 noch Selbstversorger in Sachen Lebensmitteln, ist der Kontinent inzwischen längst auf Nahrungsmittelimporte angewiesen.

Auch die Bundesregierung setzt in ihrer Afrikapolitik hauptsächlich auf die Förderung des Privatsektors und Handelsliberalisierungen. Berlin steht in der ersten Reihe, wenn es darum geht, neue Freihandelsabkommen mit den Afrika-Karibik-Pazifik-Staaten auszuhandeln, die man euphemistisch als Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (EPA) tituliert. Die EPA werden die afrikanischen Produzenten noch schutzloser dem unfairen Wettbewerb ausliefern. Dabei liegt es auf der Hand, dass die EU-Agrarsubventionen, die beispielsweise für Milch seit 2009 wieder eingeführt wurden, ebenso wie die EU-Fischereipolitik die Verelendung auf dem afrikanischen Kontinent vorantreiben. Die lokalen Agrarmärkte werden durch die subventionierten Billigprodukte aus der EU kaputt gemacht, die Fischgründe von EU-Trawlern leergefischt. Das sind unmittelbar Flucht- und Migrationsursachen.

Statt einen Kurswandel bei der Handels- und Entwicklungspolitik einzuschlagen, reagieren EU und Deutschland seit Jahr und Tag mit einem Ausbau der Festung Europa. Das Budget der Grenzschutzagentur FRONTEX wächst exponentiell: 2007 waren es noch 35 Millionen, 2008 schon 70 Millionen und in laufenden Jahr 100 Millionen Euro. Von einer fairen Partnerschaft ist weder im Bereich Handel oder Migration etwas zu spüren – allen Bekundungen zum Trotz.

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