Solidarisch

Heinz Langer über Kuba und die DDR

  • Franz-Karl Hitze
  • Lesedauer: 2 Min.

Von wem der Ausspruch: »Solidarität ist die Zärtlichkeit der Völker« wirklich stammt, ist nicht entscheidend. Es wird nach wie vor darüber gestritten. Ich erinnere mich, ihn das erste Mal von Ernesto »Che« Guevara gehört zu haben, als er 1960 die DDR besuchte. Vielleicht hat er diesen Satz von Pablo Neruda übernommen. Nun jedenfalls prangt er auf dem Cover der Memoiren eines DDR-Diplomaten. Zu recht. Schließlich hatte die DDR neben der Sowjetunion und anderen RGW-Ländern großen Anteil daran, dass sich das sozialistische Kuba behaupten konnte und noch heute existiert.

Der Autor war 1975 bis 1979 und noch einmal von 1983 bis 1986 auf der Insel in diplomatischer Mission tätig. Der Botschafter a. D. berichtet nicht nur über protokollarische Begegnungen auf höchster Ebene, sondern vermittelt auch Einblicke in Schwierigkeiten und Unstimmigkeiten in den gegenseitigen Beziehungen aus unterschiedlichen Gründen. Beispielsweise bei der Fixierung des Preises für Zuckerrohr; die DDR zahlte einen weit über den reale Marktpreis festgesetzten Preis. Günstig war der Import kubanischer Frühjahrs-Kartoffeln; in gleicher Menge wurden im Herbst Kartoffeln aus der DDR nach Kuba geliefert. Ein beidseitig vorteilhaftes Geschäft war auch der Import von Abfällen des auf Kuba abgebauten Zuckerrohrs als Kraftfutterbasis für die Viehwirtschaft der DDR im Austausch von Milchpulver, das Engpässe in der Milchversorgung auf der Insel stopfte.

Die Hilfe des ostdeutschen Staates beschränkte sich nicht nur auf landwirtschaftlichem Gebiet. 1980 konnte das mit Hilfe der DDR erbaute Zementwerk in Cienfuegos »Karl Marx« in Betrieb genommen werden. Und für die Rekonstruktion bzw. die Erweiterung von sechs kubanischen Bierbrauereien und den Aufbau einer neuen Brauerei in Camagüey lieferten DDR-Betriebe Ausrüstungen und Abfülllinien im Wert von rund 35 Millionen Rubel. Langer schildert eindrucksvoll, wie die DDR mit der Errichtung von über 2000 Betrieben auf Kuba geholfen hat, das halbkoloniale Erbe amerikanischer Wirtschaftspolitik zu überwinden.

Hinzu kam die großzügige Ausbildung kubanischer Studenten in Berlin, Leipzig oder Rostock. Desweiteren gab es eine umfangreiche Kooperation im Leistungs- und im Breitensport, auch im Film und beim Theater, in der Meeresforschung etc.

Kuba war das erste lateinamerikanische Land, das die DDR völkerrechtlich anerkannt hat. Als die DDR an die Bundesrepublik angeschlossen worden ist, hatte Bonn nichts eiligeres zu tun, als alle 64 Abkommen, Verträge und Vereinbarungen zwischen der DDR und der Republik Kuba einseitig und ersatzlos zu annullieren, ohne auch nur einen Gedanken am die Konsequenzen ihres Tuns für Kuba zu verschwenden.

Heinz Langer: Zärtlichkeit der Völker – Die DDR und Kuba. Verlag Wiljo Heinen, Berlin 2010. 174 S., br., 9,50 €.

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