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Arbeit, die schmerzt

Siegfried Pitschmann: Sein Roman «Erziehung eines Helden» erscheint nun nach über fünfzig Jahren

  • Christel Berger
  • Lesedauer: 3 Min.

Dieses Buch ist, mit der Bitte um Nachsicht für Unvollkommenheit, meinen ungezählten Lehrmeistern im Kombinat Schw. Pumpe und meiner Frau Brigitte dankbar für ungezählten Anlaß gewidmet.« - Sogar diese handschriftliche Widmung hatte Siegfried Pitschmann bereits notiert, aber keiner der damit Geehrten hat sie zu des Autors Lebzeiten veröffentlicht gesehen.

Ein großer Roman sollte es werden. »Erziehung eines Helden«: Erzählt wird, wie ein verkrachter Musiker ins Kombinat Schwarze Pumpe kommt und zum »Helden« wird: einer von vielen Fundamentegießern, Betonarbeitern oder Gerüstbauern, einer der »Erbauer des Sozialismus«. Seine Klavierspielerhände leiden, aber der junge Mann wächst hinein in das Leben der Brigade mit ungeheuer harter Arbeit, derben Späßen, deftigen Reden und gutem Verdienst.

1957 geschrieben, basierte der Text auf eigenen Erfahrungen, denn Siegfried Pitschmann war noch vor der Bitterfelder Konferenz als Betonarbeiter ins im Bau befindliche VEB-Gaskombinat Schwarze Pumpe gezogen. Aufbauromantik? Sehnsucht nach dem ganz neuen Menschen? Angeblich wartete die DDR-(Verlags)-Welt auf dieses Buch wie auf eine Offenbarung. Der junge begabte Schriftsteller sollte nur schnell liefern. Und dann kam bekanntlich alles ganz anders. Das Manuskript wurde der »harten« Schreibweise bezichtigt - westlich, dekadent, ohne Hoffnung. So roh und grob seien »unsere« Arbeiter nicht. Das sei ein falscher Weg.

Für Pitschmann brach eine Welt zusammen. Ehefrau Brigitte Reimann und ihre Eltern konnten ihn gerade noch vor dem Selbstmord retten. Er schrieb später vor allem Erzählungen, immer literarisch gediegen, aber der mit dem Roman erhoffte »große Wurf« blieb aus.

Kristina Stella ist es zu verdanken, nun nach über fünfzig Jahren das gescholtene Manuskript lesen zu können. Natürlich in seiner Unvollkommenheit und vielleicht deshalb sogar authentischer als ein fertiges, noch einmal gefeiltes und an den Ecken geschliffenes Buch. Pitschmann erzählt farbig, eruptiv und selbst tief beeindruckt davon, wie harte Arbeit ist. Wie schmerzend, kaum erträglich und doch irgendwie befriedigend, erfüllend. Wie rau aber herzlich die Männer untereinander waren. Wie selbstbewusst und verletzlich. Echte Aufbauromantik.

Und er erzählt modern. Wechselt die Erzähler, die Erzählebenen, umhüllt seine Helden manchmal liebevoll ironisch. Es ist ein Text, der ein schöner Vorzeigetext für die frühen DDR-Jahre hätte sein können. Aber Borniert- und Dummheit haben ihn zu einem Beweisstück für die Verhinderung von Talent und Realismus gemacht.

Hätten die Kultur-Oberen die DDR-eigenen Parolen zum Lob und Wert der Arbeit wirklich ernst genommen, dann hätten die Schriftsteller des Landes gerade mit der Schilderung der Arbeit eine besondere, in der Weltliteratur seltene Qualität vorweisen können. Dazu hätten unter anderem der Roman »Rummelplatz« von Werner Bräunig und auch Pitsch-manns Buch gehört, aber Machtpolitik wollte Arbeit und Arbeiter »soft«, »weich gespült«, schön gefärbt und machte mit ihren Verboten gute Autoren kaputt.

Gut, dass es die Nachlässe und Archive gibt, in denen derartige Schätze gehoben werden können!

Siegfried Pitschmann: Erziehung eines Helden. Herausgegeben und mit einem Nachwort versehen von Kristina Stella. Aisthesis Verlag Bielefeld. 249 S., geb., 19,95 €.

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