- Kultur
- ndPodcast
Wie modern ist James Bond?
Dr. Schmidt erklärt die Welt: Wie eine Fantasie aus den 60er Jahren immer weiter macht
Jetzt kommt endlich der lang verschobene neue James Bond-Film. Ist der überhaupt noch modern?
Eigentlich hatte man schon am Ende des Kalten Krieges gedacht, Bond hätte sich erledigt. Aber man hat offenkundig die Kurve gekriegt.
Die Produzentenfamilie Broccoli.
Ursprünglich war da ja noch ein zweiter Produzent: Harry Saltzmann. Die haben Anfang der 60er Ian Fleming die Filmrechte abgekauft. Nur nicht für »Casino Royale«, seinen ersten Bond-Roman. Die Rechte dafür gingen zehn Jahre früher über den Tisch – für nur 6000 Dollar. Aus unerfindlichen Gründen wurde er aber erst 1967 verfilmt.
Gab es darin nicht sogar vier James Bonds?
Genau genommen noch mehr, denn es gibt noch den alten, pensionierten James Bond. Der wird von David Niven gespielt.
War der nicht für Ian Fleming die Idealbesetzung für 007?
Genau. Aber das hier ist eine Komödie, was man vielleicht auch daran sieht, dass den Bösewicht, der hinter allem steckt, ausgerechnet Woody Allen spielt. Und Orson Welles nur den Hilfsbösewicht.
Die zweite Verfilmung von »Casino Royale« 2006 war der erste Bond mit Daniel Craig und vergleichsweise bierernst.
Ja, der ist ein Bruch mit den selbstironischen Bond-Figuren, die Roger Moore und Pierce Brosnan entwickelt hatten. Bei Craig hast du das Gefühl, dass er, wenn auch stark idealisiert, die schmutzig-blutige Realität des Geheimdienstgeschäfts vor Augen führen soll.
Der geschundene Geheimarbeiter sozusagen.
Ja, aber ohne jede ernsthafte ideologische, moralische oder sonstige Überlegenheitsnummer im Hintergrund. Er macht einfach seinen Job, und wenn es dazugehört fünf Leute umzunieten, dann werden eben fünf Leute umgenietet.
1965 schrieb Hermann Kant im »ND«: »Die Bond-Filme und -Bücher enthalten neben all der gefälligen und lächerlichen Mache schlechthin jede Ingredienz einer kapital reaktionären Gesinnung.«
Das ist schon richtig. Aber in den Filmen spiegelte sich auch die Entspannungspolitik: 1977 in »Der Spion, der mich liebte«, in dem die Briten mit den Russen kooperierten.
Wer ist denn dein Lieblings-Bond?
Also anders als bei vielen anderen älteren Menschen nicht unbedingt Sean Connery. Eher Roger Moore oder Pierce Brosnan.
Moores Interpretation des Bond ist ein lascher, dauerschmunzelnder Typ. Aber ist Brosnan nicht noch alberner und verspielter?
Diese Wirkung beruht auf den Gimmicks und Gadgets, die werden natürlich immer abgedrehter. Und am Ende der Ära Brosnan wurde »Q«, der Quartiermeister – der, der für Bonds technische Ausrüstung zuständig ist –, tatsächlich durch eine eher klamaukige Type ersetzt: durch John Cleese von Monty Python, der das dann auch sehr John-Cleese-mäßig spielte.
Würden die Bond-Apparaturen auch in echt funktionieren?
Manches würde tatsächlich funktionieren, das Raketentriebwerk auf dem Rücken etwa.
Auch dieses Untersee-Auto?
Vermutlich schon. Schwieriger ist das Unterwasserreich, das sich Curd Jürgens in »Der Spion, der mich liebte« zulegte. Und auch die Atom-U-Boote mit einem Magneten in ein Schiff reinzusaugen, dürfte energetisch ein bisschen knapp werden.
Im zweiten »Casino Royale« gibt es diese Szene, wo Bond sich als Toter wiederbelebt, mit einem Defibrillator in seinem Auto.
Einen Defibrillator gab es vorher noch nie in einem Bond-Film. Obwohl der Aston Martin durchaus öfter vorkam. Das war, glaube ich, sogar der alte aus den 60ern in diesem Film.
Aber an sich ist ja der ganze Bond eine Art 60er-Jahre-Fantasie, die in die Jetzt-Zeit transformiert wird, oder?
Die Filme haben alle eine deutliche Science-Fiction-Note. Nicht nur bei den Gadgets, sondern auch in der Grundanlage, zum Beispiel bei dieser Idee, sich unter Wasser zurückzuziehen und das da oben aufzugeben. Eine alte Fantasie aus der Zeit, als man anfing zu begreifen, dass wir dabei sind, unseren Laden zu ruinieren. Dass man unter Wasser wahrscheinlich genauso angeschmiert ist, das steht auf einem anderen Blatt. »Moonraker«, der Film, in dem die Erde ins Weltall verlassen wird, ist dasselbe in Hellgrün.
Für mich einer der Tiefpunkte der ganzen Serie. Zu albern.
Aber mit dem »Beißer«, einer der wenigen Gegner, die Bond nicht besiegen kann. Auf Englisch heißt er schlicht »Jaws«. Der machte als Schurke schon was her.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.