Mit den Menschen - nicht für die Menschen

Der Musiker John Chiti streitet als Aktivist für Behindertenrechte in Sambia

  • Stefanie Wurm, Weltfriedensdienst
  • Lesedauer: 3 Min.
Der Aktivist für Behindertenrechte John Chiti, selbst von Albinismus betroffen, ermutigt junge Menschen, ihre Träume zu verwirklichen.
Der Aktivist für Behindertenrechte John Chiti, selbst von Albinismus betroffen, ermutigt junge Menschen, ihre Träume zu verwirklichen.

Als von Albinismus Betroffener weiß John Chiti, wie sehr Menschen mit Behinderung mit Vorurteilen in der Gesellschaft konfrontiert sind. Erfolgreich nutzt er die Macht der Bilder, um dagegen zu kämpfen.

John Chiti ist Aktivist für Behindertenrechte in Sambia. Er war der erste Mensch mit Albinismus in seinem Land, der ins Rampenlicht getreten ist. Fehlende Barrierefreiheit, Vorurteile und Arbeitslosigkeit schließen Menschen mit Behinderung in Sambia von einer gleichberechtigten Teilhabe am Leben aus. Als Gründer der Menschenrechtsorganisation Albinism Foundation of Zambia fordert John Chiti deshalb: »Menschen mit Behinderung müssen als vollwertige Bürger*innen der Gesellschaft anerkannt werden. Sie brauchen Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung. Sie müssen sich frei bewegen können - ohne Angst vor Übergriffen und ohne überall auf Barrieren zu stoßen.«

Mit der Menschenrechtsorganisation STEPS - Partnerorganisation des Weltfriedensdienstes - hat John Chiti mehrere Dokumentarfilme produziert. Denn die Lage für Menschen mit Albinismus hat im Südlichen Afrika eine gewaltige gesellschaftliche Sprengkraft. Hellhäutige, weißhaarige Kinder werden in der Gesellschaft nicht akzeptiert. Sie müssen sich gegen Stigmatisierung und Aberglauben wehren.

Nach wie vor sind Morde und grausame Verstümmelungen in vielen Ländern Afrikas verbreitet. Der Handel mit den Gliedmaßen ist ein lukratives Geschäft. Während die Körperteile Glück und Reichtum bringen sollen, gelten die Menschen mit dieser Erkrankung als verflucht. Daher meiden viele Menschen mit Albinismus ein Leben in der Öffentlichkeit. Sie haben schlechteren Zugang zu Bildung und sind damit einem besonders hohen Armutsrisiko ausgesetzt. Selbst einfachste Hilfsmittel wie Sonnencreme oder Brillen sind meist nicht verfügbar. Sie leben deshalb isoliert am Rand der Gesellschaft, werden diskriminiert und haben eine deutlich geringere Lebenserwartung als im Bevölkerungsdurchschnitt.

Albinismus bezeichnet eine angeborene Stoffwechselerkrankung, bei der die Pigmentbildung gestört ist. Haut und Haare bleiben hell und sind empfindlicher für Sonnenstrahlung. Im Auge fehlt ein Pigment - das führt zu einer Sehschwäche, die auch durch Brillengläser nicht korrigiert werden kann.

Menschen mit Albinismus sind besonders blendungsempfindlich, stark kurz- oder weitsichtig, und die Sehschärfe ist deutlich eingeschränkt. Sie brauchen Brillen, um Preisschilder, Fahrpläne oder die Zeitung zu entziffern. Sie müssen die Sonne nicht völlig meiden, jedoch Sonnenschutzmittel mit einem sehr hohen Lichtschutzfaktor verwenden.

»Unsere Gesellschaft ist für Menschen mit Behinderung taub«, sagt John Chiti. Als bekannter Musiker setzt er sich mit seiner Musik für die Inklusion von Menschen mit Behinderung ein. Der STEPS-Film »Music Activists« begleitet ihn durch Livingstone, als er mit dem Gehörlosenchor für ein Konzert probt. Die Dokumentation wendet sich an Menschen mit und ohne Behinderung, an Selbsthilfegruppen oder Schulen, um in der anschließenden Diskussion über Herausforderungen im Alltag, über Stigmatisierung und Diskriminierung zu sprechen. Unterdessen haben auch mehrere sambische Fernsehsender den Dokumentarfilm ausgestrahlt und live mit den Zuschauer*innen diskutiert.

»Jugendliche - mit und ohne Behinderung - brauchen Vorbilder, die ihnen zeigen, was selbst mit einer Behinderung möglich ist«, erläutert John Chiti. »Quasi als Gegenstück zu einer Umgebung, die ihnen ständig erklärt, was sie nicht können.« Gemeinsam mit STEPS unterstützt der Weltfriedensdienst Menschen wie John Chiti darin, starke Netzwerke zu bilden, breitenwirksame Aufklärungsarbeit zu leisten und junge Menschen zu ermutigen, ihre Träume zu verwirklichen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.