- Kultur
- Lob des Kommunismus
Das Einfache, was schwer zu machen ist
Dem Maler Ronald Paris zum 90.
»Er ist vernünftig, jeder versteht ihn. Er ist leicht./ Du bist doch kein Ausbeuter, du kannst ihn begreifen./ Er ist gut für dich, erkundige dich nach ihm./ Die Dummköpfe nennen ihn dumm, und die Schmutzigen nennen ihn schmutzig./ Er ist gegen den Schmutz und gegen die Dummheit«,heißt es im »Lob des Kommunismus« von Bertolt Brecht. Die Künstler in der DDR haben sich immer wieder mit der Utopie auseinandergesetzt. Nicht nur bei der bildlichen Ausgestaltung des 1976 errichteten und Anfang der 2000er Jahre, politisch intendiert, abgerissenen Palastes der Republik in Berlin (Ost). Namhafte Meister ihres Fachs stellten sich damals der Frage »Dürfen Kommunisten träumen?« Bernhard Heisig, Walter Mattheuer, Werner Tübke, Walter Womacka ... – und natürlich Ronald Paris. »Unser die Welt – trotz alledem« nannte er sein Gemälde für den Palast, auf dem unter anderen der 1919 von konterrevolutionärer Soldateska ermordete Anwalt und Kommunist Karl Liebknecht zu sehen ist.
Fast ein Jahrzehnt zuvor hat Paris sich bereits an das Thema gewagt, mit seinem großformativen Wandbild »Lob des Kommunismus«, ein Auftragswerk für das Amt der Statistik der DDR. Das er zugleich als eigenen, inneren Auftrag verstand. »Die Ausbeuter nennen ihn ein Verbrechen./ Aber wir wissen:/ Er ist das Ende der Verbrechen./ Er ist keine Tollheit, sondern/ Das Ende der Tollheit«, heißt es bei Brecht weiter, ein Lieblingsdichter des Malers, der am 12. August 1933 in Sondershausen als Sohn eines Theaterschauspielers und einer Weißnäherin geboren worden ist und die Schrecken des von Hitler und Konsorten angezettelten Krieges noch selbst erlebt hat, hernach die Arbeiter- und Bauern-Fakultät (ABF) in Jena und später die Kunsthochschule in Berlin-Weißensee absolvierte. Die Kommission, die 1970 sein »Lob des Kommunismus« abnehmen sollte, hatte über 20 Beanstandungen und Veränderungswünsche. Keinen einzigen Pinselstrich revidierte respektive redigierte Paris. Und setzte sich durch. Es war nicht das erste und sollte nicht das letzte Mal sein, dass an einer seiner Schöpfungen parteioffiziell gekrittelt wurde.
Zwei Dezennien marschierten Zahlenfetischisten jeden Morgen und jeden Abend, auf dem Weg in ihr Büro beziehungsweise in den verdienten Feierabend, an Paris’ »Lob des Kommunismus« vorbei. Als die DDR angeschlossen und abgewickelt war, zog in das Haus der Statistik die Bundesbehörde für Stasi-Unterlagen. Den Aktenverwalter und deren staatstreuen Chefs war das Bild ein Dorn im Auge. Es wurde mit schwarzem Tuch verhängt. Als man dann auch das Gebäude in der ehemaligen Hans-Beimler-Straße (einem Kommunisten und Spanienkämpfer gewidmet, nach 1990 ebenfalls übereifrig umbenannt) abriss, war das Schicksal des zwölf Meter langen Wandgemäldes zunächst ungewiss. Dankenswerterweise übernahm das DDR-Museum am Spreeufer gegenüber dem Berliner Dom das Monumentalwerk. Was allerdings manchen verwunderte oder gar despektierlich erschien, zielte doch auch der Gründungskodex dieses, insbesondere auf Touristen orientierte Museum auf die Delegitimierung der DDR. Der Maler war’s zufrieden – trotz alledem. Die Flut, die nach dem Platzen des gigantischen Aquariums eines Berliner Hotels, auch das DDR-Museum verheerte, überstand das Gemälde glücklich. Und ist dort heute wieder zu sehen.
»Er ist nicht das Chaos/ Sondern die Ordnung./ Er ist das Einfache/ Das schwer zu machen ist«, endet Brechts Gedicht. Davon war auch Ronald Paris überzeugt, weshalb er sich 1989 in die Schar jener Revolutionäre einreihte, die den Traum eines besseren, demokratischeren Sozialismus nicht aufgegeben hatten und real werden lassen wollten. »Er wurde abgewürgt. Aber ein neuer Aufbruch kommt bestimmt«, sagte der im Alter von 88 Jahren verstorbene Künstler dereinst gegenüber »nd«.
Am Samstag wäre Ronald Paris 90 geworden.
Anlässlich des 90. Geburtstages von Ronald Paris zeigt die Kunsthalle Rostock ab dem 27. August eine Ausstellung im Schaudepot.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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