• Kultur
  • Markus Kavka und Elmar Giglinger

MTV und Viva: Die Arbeit lieben

Früher gab es Musikfernsehen, jetzt gibt es ein Buch darüber

Es war schlimm, es war toll. Und jetzt wissen die Teenager von heute schon gar nicht mehr, was das sein soll: Musikfernsehen. Vor 30 Jahren nahm Viva den Sendebetrieb auf, MTV gab es schon. Viva ist die Abkürzung für Videoverwertungsanstalt. »Plötzlich stand das Musikvideo im Mittelpunkt aller Maßnahmen. Hitsingle oder kommerzieller Flop, Rockstar oder Nobody?« erinnern sich Markus Kavka und Elmar Giglinger im Vorwort zu ihrem Jubiläumsbuch »MTViva liebt dich!«

Geld war kein Problem, für manche Videos haute die Musikindustrie Millionen raus – und die Beschäftigten freuten sich über ein Honorar, das ungefähr dem Lohn einer heutigen nd-Redakteur*in entspricht. Also, in der Altenpflege wird mittlerweile mehr verdient.

Doch die damaligen Moderator*innen waren sehr jung und durften so ziemlich machen, was sie wollten. Für sie war Arbeit und Freizeit eins, manche wohnten regelrecht im Sender, dauerbegeistert und drogenverstärkt. Keine Firma kann sich bessere Mitarbeitende wünschen. Die Musikindustrie musste kaum Einfluss nehmen, die machten alles von allein, weil sie meinten, es ist cool. Das ist natürlich auch lustig, wie eine gute Party in der Küche. Und so ist auch dieses Buch im Oralhistory-Stil, wenngleich die Komposition der redenden Personen nicht ganz so schnell geschnitten ist wie es die Videos waren, die damals eine neue TV-Ästhetik etablierten. Manche sind immer noch am Start: Klaas Heufer-Umlauf, Heike Makatsch, Matthias Opdenhövel oder Christian Ulmen.

In der allerersten Sendung sagte Makatsch: »Ich bin die Heike, und wir sind Viva. Wir sind euer Sprachrohr und ab heute bleiben wir für immer zusammen«. Stimmte so lange, bis der alte Spruch von Tocotronic wahr wurde: »Digital ist besser«. Doch auch diese Band freute sich, als sie ihr Video zum ersten Mal im Fernsehen sah. Anfang der Zehnerjahre aber schaute keiner mehr hin. 2018 wurde Viva ausgeknipst. MTV gibt es noch. Aber weiß das jemand?

Markus Kavka / Elmar Giglinger: MTViva liebt dich!: Die elektrisierende Geschichte des deutschen Musikfernsehens. Ullstein, 528 S., br., 21,99 €.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.