Aufrüstungspaket: Die Linke ist noch unentschieden

In Bremen und Mecklenburg-Vorpommern diskutiert die Partei bis Donnerstag, ob man Aufrüstungs- und Infrastrukturschuldenpaket zustimmt

Mecklenburg-Vorpommerns SPD-Regierungschefin Schwesig sprach sich im Bundestag für das Aufrüstungs- und Infrastrukturpaket aus. Ob die in Schwerin mitregierende Linke sich dagegenstellt, ist offen.
Mecklenburg-Vorpommerns SPD-Regierungschefin Schwesig sprach sich im Bundestag für das Aufrüstungs- und Infrastrukturpaket aus. Ob die in Schwerin mitregierende Linke sich dagegenstellt, ist offen.

Nachdem Bayerns Regierungschef Markus Söder seinen Koalitionspartner erfolgreich auf Linie gebracht hat, dürfte das Schuldenpaket von Union, SPD und Grünen nach dem Bundestag am Freitag auch im Bundesrat die nötige Zweidrittelmehrheit finden. Die ist in der Länderkammer bei 46 von 69 Stimmen erreicht.

Jedes Bundesland hat je nach Einwohnerzahl und Größe drei bis sechs Stimmen. Auf sechs kommen nur Bayern nund Nordrhein-Westfalen, auf drei Hamburg und Bremen sowie das Saarland und Mecklenburg-Vorpommern. Die Länder, in denen nur CDU, CSU, SPD und Grüne an der Regierung beteiligt sind, wollen dem Infrastruktur- und Klimaschutz-Sondervermögen von 500 Milliarden und dem Aussetzen der Schuldenbremse für »Verteidigung« zustimmen, kommen aber nur auf 41 Stimmen. Nach der Einigung in Bayern sind 47 erreicht.

Sind sich die verschiedenen Parteien einer Koalition nicht einig, ist für das betreffende Land im Bundesrat eigentlich eine Enthaltung zwingend. Die Linke hat im Bundestag insbesondere die Ausnahme von der Schuldenbremse fürs Militär, die als notwendig für die »Herstellung von Verteidigungsfähigkeit« verkauft werden, kritisiert. Die Bundesvorsitzenden und die Vorsitzenden der im Aufbau befindlichen Bundestagsfraktion betonten in einer gemeinsamen Erklärung, dies sei ein »Blankoscheck für Aufrüstung«, dem man nicht zustimmen werde.

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Deshalb ist das Abstimmungsverhalten der Regierungen von Mecklenburg-Vorpommern und Bremen für Die Linke ein Lackmustest für ihre Glaubwürdigkeit. Aus Bremen wie auch aus Schwerin kamen am Dienstag auf nd-Anfrage eher ausweichende Antworten. Beide Landtagsfraktionen teilten mit, man werde sich offiziell erst am Abend vor der Bundesratsabstimmung äußern, bis dahin seien noch viele »interne Abstimmungen« nötig.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion im Schweriner Landtag, Torsten Koplin, sagte im Gespräch mit »nd«: »Eine endgültige Entscheidung kann und wird erst nach einer sorgfältigen Abwägung aller Aspekte voraussichtlich Donnerstagabend getroffen werden.« Der langjährige Landtagsabgeordnete betonte, Die Linke stehe zu Artikel 87a des Grundgesetzes, in dem die für die Verteidigungsfähigkeit des Landes notwendige Stärke der Streitkräfte als Pflicht des Bundes festgelegt ist. Für alles, was darüber hinausgehe, werde es aber »kein Ja« der Linken geben.

Allerdings, so Koplin, sichere der Vertrag von Maastricht, der Kriterien zur Haushaltsdisziplin auf EU-Ebene festlegt, eine Deckelung der Ausgaben für Rüstungsprojekte. Jedes einzelne Vorhaben müsse vom Verteidigungsausschuss des Bundestages genehmigt werden. Für »reine Aufrüstungsvorhaben« stehe Die Linke nicht zur Verfügung, allerdings seien auch Fachpolitiker der Linken der Auffassung, dass es »Verteidigungslücken« gebe, so Koplin.

Die Grünen haben derweil dafür gesorgt, dass der Verteidigungsbegriff in der vom Bundestag am Dienstag beschlossenen Gesetzesvorlage stark ausgeweitet wurde und unter anderem auch Waffenlieferungen an »angegriffene Staaten« umfasst. Für Waffenlieferungen an die Ukraine spricht sich seit Beginn der russischen Invasion im Februar 2022 der Bremer Landesverband der Linken aus. Allerdings hatten deren Landessprecher Christoph Spehr und Anna Fischer in einer Stellungnahme die Schuldenpakete als »nicht zustimmungsfähig im Bundesrat« bezeichnet. Sie begründeten dies sowohl mit den unzureichenden Mitteln, die aus dem Infrastrukturpaket an Länder und Kommunen gehen sollen, als auch mit der »ausschließlichen Privilegierung von Rüstungsausgaben« im Grundgesetz. »Wir stehen zur Verfügung für eine Reform der Schuldenbremse, allerdings nicht ausschließlich in Rüstung, ausschließlich in Beton oder ausschließlich für den Bund«, schreiben Spehr und Fischer.

Bleibt abzuwarten, ob die Linke-Regierungsmitglieder in Bremen das auch so sehen. Mit Olaf Zimmer hat sich immerhin ein Bürgerschaftsabgeordneter klar positioniert. »Dass wir als Linke dafür sind, die unsoziale Schuldenbremse endlich aus der Verfassung zu streichen, ist klar«, schrieb er am Dienstag auf Facebook. »Aber hier geht es um ein gigantisches, nach oben offenes Rüstungsprogramm, das uns mit ein paar Euro verkauft werden soll. Da kann man als Linke*r nur Nein sagen.«

Derweil scheint das in Brandenburg und Thüringen mitregierende Bündnis Sahra Wagenknecht dort bei seiner Ablehnung des Aufrüstungspakets zu bleiben, obwohl sich die dortigen Regierungschefs Dietmar Woidke (SPD) und Mario Voigt (CDU) nach Kräften bemühen, die Koalitionäre noch umzustimmen. Damit bahnt sich für die Abstimmung am Freitag im Bundesrat eine Enthaltung beider Länder an.

»Wir als SPD stehen hinter dem kompletten Paket«, sagte deren Brandenburger Fraktionschef Björn Lüttmann am Dienstag in Potsdam. Innerhalb der Landesregierung werde bis zur letzten Minute darüber verhandelt, wie Brandenburg im Bundesrat abstimmt. Dazu seien Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und Vize-Regierungschef Robert Crumbach im Gespräch. Die SPD-Fraktion wünsche sich eine Einigung.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der BSW-Fraktion im Potsdamer Landtag, Falk Peschel, betonte, man sei sich mit der SPD »darüber einig, dass wir eine gut ausgestattete Bundeswehr benötigen«. Dafür brauche es aber »nicht Hunderte Milliarden, dafür sollte man zunächst das Beschaffungswesen der Bundeswehr dringend reformieren«. BSW-Fraktionschef Niels-Olaf Lüders hatte der »Märkischen Allgemeinen« gesagt, das BSW sei gegen das Finanzpaket, weil es auch Waffenlieferungen enthalte.

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