EU-Milchpulver schädigt Bauern in Westafrika

Martin Ling über die Folgen des Wegfalls der Milchquote im Süden

Die Europäische Union exportiert allzu gerne ihre Probleme: Seit dem 1. April ist das Milchmengensystem Geschichte, das den EU-Bauern die Abnahme garantierte und eine Produktionsobergrenze setzte. Nun wird produziert auf Teufel komm raus, wer nicht mithalten kann, hat Pech. Das trifft manche Bauern in der EU, aber die Liberalisierung trifft wieder einmal auch den Süden. Zum Beispiel Burkina Faso. Dort landet EU-Trockenmilchpulver für 34 Cent. Die örtlichen Hersteller können da nicht mithalten und werden Zug um Zug vom Markt verdrängt. Darauf macht das katholische Hilfswerk Misereor aufmerksam, das in Burkina nomadisch lebende Viehhirten und ihre Familien unterstützt, die dringend auf die Erlöse aus dem Milchverkauf angewiesen sind.

Was im Süden dringlich ist, ist allerdings für die Handelspolitik der EU noch nie handlungsleitend gewesen. Jamaika wurde 1992 die Liberalisierung des Milchmarktes aufgedrängt, sonst würde die EU ihr Veto gegen einen Weltbankkredit einlegen. Die Regierung in Kingston gab nach, die Zölle auf Milchpulver in Jamaika reduziert sowie die Subventionen für heimische Milchbauern abgeschafft. Die erste Folge: ein immenser Anstieg der Einfuhr von Milchpulver nach Jamaika, in erster Linie aus der EU. Die zweite: Drei Viertel aller jamaikanischen Kleinbauern und -bäuerinnen verloren ihre Existenzgrundlage. Für ihre Frischmilch gibt es dank subventionierten EU-Milchpulverimporten keinen Markt mehr.

Es fehlt der EU nicht an Beispielen, welche katastrophalen Folgen ihre Handelspolitik im Süden verursacht, ob der Export subventionierten Tomatenmarks, Hähnchenreste oder Milchpulver. Was der EU fehlt, ist die Bereitschaft, grundlegend umzudenken. Das gilt für die Handels- und Flüchtlingspolitik gleichermaßen.

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