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Hausprojekt H48: Prozessmarathon geht weiter
Im Neuköllner Hausprojekt kämpft eine weitere WG gegen eine Räumungsklage
Wann ist eine Wohnung eine Wohnung? Hinweis könnte sein, wenn dort seit mehr als 30 Jahren Menschen wohnen, wie im Hausprojekt H48 in der Neuköllner Hermannstraße. Ganz so einfach ist die Frage anscheinend nicht – zumindest juristisch. Seit das Gebäude den Eigentümer wechselte, sehen sich die Bewohner*innen mit einer Reihe an Räumungsprozessen konfrontiert. WG nach WG wird vor Gericht gezerrt. So auch am Freitag vor dem Landgericht Berlin.
Jules wohnt seit zehn Jahren in einer der Wohngemeinschaften im Haus, die sich »Stadt sucht Leben« nennt. Eine »unangenehme Achterbahnfahrt« sei die Bedrohung, geräumt zu werden, sagt Jules zu »nd«. In der WG, um die es in der Verhandlung geht, leben 13 Menschen. 1998 hat es einen ersten Mietvertrag für die Räumlichkeiten gegeben. Dieser wurde zuletzt 2012 erneuert und formal als Gewerbemietvertrag abgeschlossen.
Diese Formalie ist es, die die Bewohner*innen in Gefahr bringt, geräumt zu werden. Für Gewerbemietverträge gelten wesentlich niedrigere Schwellen für eine Kündigung und folgerichtig für eine Räumung, als das bei Wohnmietverträgen der Fall ist. Deswegen wird in der Güteverhandlung am Freitag viel darüber diskutiert, ob denn die WGs Wohnmietrecht bekommen können oder nicht.
»Wir geben nicht einfach so auf, denn wir lieben dieses Zuhause und wir wollen es verteidigen.«
Bewohner*innen H48
Die Eigentümergesellschaft sei beim Kauf davon ausgegangen, dass es sich um klassisches Gewerbe handle, berichtet ihr Rechtsanwalt Ulf Tilo Kellner. Seine Position ist klar: Die Papierform sagt, es handelt sich um Gewerbe, auch wenn dort Mieter*innen wohnen. Zumindest hier stimmt der Richter in der Verhandlung zu: »Die Papierform ist eindeutig.«
Aber am Ende wird entscheidend sein, was die Vertragsparteien bei Abschluss des Vertrages im Sinn hatten. Sollte es sich bei dem Gewerbemietvertrag um einen »Scheinvertrag« halten und allen Beteiligten klar gewesen sein, dass der Zweck des Vertrages das Wohnen auf der alten Fabriketage ist, würden die rechtlichen Bedingungen eines Wohnmietvertrages gelten. Schließlich wird für den Februar ein weiterer Gerichtstermin zur Beweisaufnahme festgelegt. Dann werden diejenigen angehört, die bei Vertragsabschluss dabei waren.
Die Mieter*innen-Anwältin Daniela Rohrlack ist positiv gestimmt. »Die Nebelkerzen, die die Gegenseite aufgemacht hat, hat das Gericht erst mal umschifft und gesagt, dass es darauf ankommt, was die Beweisaufnahme bringt«, sagt sie dem »nd«. Wenn sich bestätige, was sie von ihren Mandant*innen gehört habe, schätze sie die Chancen gut ein, den Prozess zu gewinnen.
In der Beweisaufnahme kommt es dann auch darauf an, was die ehemalige Vermieterin sagt. Diese hat allerdings ein Interesse, dass festgestellt wird, dass es Gewerbemietverträge sind. »Wenn sich hier herausstellt, dass das hier Wohnraummietverträge sind, dann könnte sie schadensersatzpflichtig sein«, erläutert Anwältin Rohrlack.
Die WG-Mitbewohner*innen sind dennoch zuversichtlich. In dem Haus hätten schon hunderte Menschen gewohnt, berichtet Jules. Die Unsicherheit sei aber sehr belastend. »Es ist ja nicht nur unser Wohnraum, der uns genommen wird, sondern auch unsere Gemeinschaft, die uns genommen werden soll.«
Bei einer Kundgebung vor dem Gericht machen die WG-Bewohner*innen auch auf die politische Dimension des Falls aufmerksam: Während in Berlin Wohnungsnot herrscht, stünden im Haus mittlerweile 1400 Quadratmeter leer. »Auf der gleichen Fläche leben im Haus 60 Menschen«, so die Redner*innen. Sie versichern: »Wir geben nicht einfach so auf, denn wir lieben dieses Zuhause und wir wollen es verteidigen.«
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