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Radikale Politik für den Stadtrand
Die Linke auf Wahlkampf in der Nachbarschaft in Marzahn-Hellersdorf
Fast schon in Brandenburg, an der nach der märkischen Gemeinde Ahrensfelde benannten Endstation der S-Bahnlinie 7, reihen sich DDR-Plattenbauten aneinander. Zwischen den sanierten älteren Wohngebäuden stehen immer wieder Neubaublöcke – eine Großsiedlung im Berliner Osten. Hier hat am Mittwochabend die Linke-Politikerin Katalin Gennburg zu einer Einwohnerversammlung in einer Gaststätte eingeladen. Es ist Wahlkampf.
Gennburg ist Direktkandidatin ihrer Partei im Wahlkreis Marzahn-Hellersdorf für die Bundestagswahl am 23. Februar. Zur Versammlung sind rund 20 Interessierte gekommen, vor allem älteren Semesters. Es sind lokale Themen, zu denen sie Fragen stellen: steigende Mieten, wegfallende Sozialwohnungen, Immobilienkonzerne und was Die Linke dagegen unternehmen will.
Gennburg, die seit Jahren Sprecherin für Stadtentwicklung ihrer Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus ist, versucht »Brücken zu bauen« von lokalen Fragen zur Bundespolitik, wie sie im Gespräch mit »nd« sagt. »Die Leute vor Ort sind sauer, auf die konkrete Politik.« Sie wolle mit ihrer »radikalen Politik« ein Angebot machen. In der Versammlung geht sie ausführlich auf die einzelnen Antworten, die sie und ihre Partei haben, ein: Das bezirkliche Vorkaufsrecht, das nach einer FDP-Klage vom Bundesverwaltungsgericht zusammengestutzt wurde, will sie reparieren, einen »Vermieterführerschein« einführen, Eigenbedarfskündigungen und Zwangsräumungen verbieten.
Die Linke wolle außerdem weg vom aktuellen Modell der Bauförderung mit einer befristeten Sozialbindung als Gegenleistung. »Wir wollen Sozialbindung für immer«. Und Gennburg nennt eine weitere Forderung: »Wenn wir einen bundesweiten Mietendeckel hätten, bräuchten wir viel weniger Sozialwohnungen.« Eine Besucherin der Versammlung fragt, was sie machen werde, wenn der Mietendeckel nicht komme. Gennburg fordert Optimismus: »Ich kämpfe für meine Ziele, wir müssen einfach weitergehen.« Man müsse den Wohnungssektor dem Markt entziehen. Zumindest die Fragestellerin hat sie überzeugt. »Das ist die richtige Antwort, danke«, sagt sie. Es gibt Applaus und Gelächter.
Die Aufgabe, vor der Gennburg steht, ist groß. Ihr Wahlkreis ist eine einstige Hochburg der Linken. Bei der Bundestagswahl 2009 bekam die damalige Direktkandidatin und Noch-Vizepräsidentin des Bundestages Petra Pau fast die Hälfte aller Erststimmen. 2021 gewann mit Mario Czaja erstmals ein CDU-Politiker das Direktmandat. Pau holte noch rund 22 Prozent der Stimmen, rund sechs Prozentpunkte mehr als ihre Partei im Bezirk. Und für die kommende Wahl hat mit dem BSW ein neuer Konkurrent die Bühne betreten, der der Linken die Stimmen streitig machen will.
»Wir kämpfen um jede Stimme«, sagt Gennburg zu »nd«. Ihr Wahlkampf werde sich vor allem gegen die Politik der CDU richten. »Eine mutige Politikerin« wie sie selbst, sei eine Ansage gegen alle anderen und könne ein Loch füllen. Gennburg hat Erfahrung im Gewinnen. Dreimal in Folge konnte sie bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus ihren Treptower Wahlkreis für sich entscheiden. Sie sei eine »Spezialistin für verlorene Wahlkreise«, sagt sie selbstsicher. »Ich hoffe für alle, dass ich der CDU das Direktmandat abnehme.« Man müsse grundsätzlich überlegen, wie man diese Gesellschaft anders organisiere. »Dafür braucht es Die Linke im Bundestag.«
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