Barbi Marković: Spät im Kapitalismus

Für »Minihorror« hat Barbi Marković den Preis der Leipziger Buchmesse bekommen

Wie geht’s? – Muss. Man kennt diesen moribunden Dialog. Bei Barbi Marković heißt es: »Die Welt ist nicht in Ordnung, schlimme Sachen passieren, die Menschen sind überfordert und setzen nicht auf die Zukunft.« In ihrem Buch »Minihorror« erzählt sie in beiläufigem, fast kinderbuchartigen Ton Kurzgeschichten von Mini und Miki, deren Namen zwar an das berühmte Pärchen von Walt Disney erinnern, die aber »Spät im Kapitalismus« (wie eine Story heißt) bedrohliche Dinge erleben, die ebenso deprimierend wie komisch sind: Verwandte modellieren ihre Körper aus Kuchenteig, aus der Schokolade kriechen Würmer und die bestellte Ikea-Küchenplatte wurde nicht produziert, aber die ebenfalls bestellten Monteure müssen unbedingt etwas montieren, das es nicht gibt. Auf Partys gibt es »Zombietalk«, denn niemand »kennt die gleichen TV-Serien, niemand hört die gleiche Musik, niemand hat dasselbe Computerspiel gespielt«.

»Minihorror« wäre so ein Thema, über das nun alle reden könnten. Hierfür hat Barbi Marković den Preis der Leipziger Buchmesse für Belletristik erhalten. Marković enttarne »das Unheimliche jeder noch so harmlosen Situation, den Horror im Alltag, den Grusel vor der eigenen Familie«, so die Jury. Einmal ruft Mini »Guat, guat, guat, guat«: sie übt so zu sprechen wie Mikis Familie, die in der österreichischen Provinz lebt. Mini kommt aus einem Vorort von Belgrad. Wenn jemand sie fragt, woher sie stammt, ist sie geneigt, Schläge auszuteilen.

Marković wurde 1980 in Belgrad geboren und lebt seit 2006 in Wien, sie schreibt auf serbisch und auf deutsch. In ihrem vorletzten Roman »Die verschissene Zeit« (2021) schickte sie drei Jugendliche mit einer Zeitmaschine in die morbiden Milošević-Jahre. Irgendwann ruft dann immer jemand: »Guat, guat, guat, guat.«

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