- Wirtschaft und Umwelt
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Rechter in Opel-Betriebsrat in Rüsselsheim gewählt
Christliche Gewerkschaft um Distanzierung bemüht
Bei den Betriebsratswahlen Mitte März holte die IG Metall im Opel-Stammwerk Rüsselsheim fast 90 Prozent der Stimmen. Dort arbeiten laut Konzernangaben nur noch 8300 Beschäftigte. Vor 2017 waren es knapp doppelt so viele. Mitten in der Automobilkrise und angesichts aktueller Sparpläne sichert sich die IG Metall bei der Stellantis-Tochter breite Unterstützung.
Doch zunehmend versuchen rechte Kräfte in Betrieben Fuß zu fassen. In Rüsselsheim zog mit der Wiederwahl Horst Schmitts auch ein Aktivist der extremen Rechten in den Betriebsrat ein. Er wurde über die Bündnisliste der Christlichen Gewerkschaft Metall (CGM) gewählt, die über ihren Dachverband dem Arbeitnehmerflügel der Unionsparteien nahesteht. Die CGM gibt ihre Mitgliederzahl mit knapp 100 000 an, kritische Stimmen schätzen sie deutlich niedriger.
Die christliche Liste erreichte im Opel-Stammbetrieb 10 Prozent der Stimmen und errang damit drei Mandate; Schmitt stand auf dem aussichtsreichen Listenplatz zwei. Er fiel bereits durch Auftritte bei Veranstaltungen der AfD oder von rechtsextremen, zeitweise verbotenen Zeitschrift »Compact« auf. Zudem war er bis Ende Oktober 2024 Vorstandsmitglied im Verein Zentrum, wie Unterlagen belegen, die dem »nd« vorliegen.
Der Verein, der der AfD nahesteht, gibt sich als Gewerkschaft aus, ist aber nicht tariffähig. Schon 2019 warnte der Thüringer Verfassungsschutz vor seinem Einfluss in Betrieben. »Die CGM sollte wissen, dass Zentrum eine neonazistische Struktur ist, die gut in der Szene vernetzt ist«, sagt Johannes Kiess, Sozialforscher und stellvertretender Direktor des Leipziger Else-Frenkel-Brunswik-Instituts, auf nd-Anfrage.
Mit der Kritik an der Personalie konfrontiert, ist die CGM um Distanzierung bemüht. »Das christlich-soziale Menschen- und Gesellschaftsbild steht dem des Zentrums diametral gegenüber«, unterstreicht ein Sprecher auf Anfrage. »Eine Zusammenarbeit auf Organisationsebene hat es nie gegeben und wird es auch absehbar nicht geben«, betont er.
Wie kam Schmitt auf die Bündnisliste? »Situative Kontakte und mögliche Kooperationen einzelner Akteure auf Betriebsebene können wir nicht überprüfen«, heißt es. Die Verantwortung schiebt man der CGM-Betriebsgruppe in Rüsselsheim zu, die »aufgrund unserer Struktur große Selbstständigkeit« genießt. Als man in der Hauptverwaltung von der Personalie erfahren habe, sei es zu spät gewesen, um die Wahlliste zu ändern. Und man gehe davon aus, dass »unsere Leute vor Ort keine Kenntnis von der Mitgliedschaft im Vorstand des Zentrums hatten.«
Aus Betriebskreisen klingt das anders: Schmitts rechte politische Aktivitäten seien bekannt, auch weil er nicht zum ersten Mal in dem Gremium sitzt. Die »Frankfurter Rundschau« hatte darüber bereits berichtet.
Die Strategie von Zentrum, sich über Tarnlisten wählen zu lassen, wie im Fall Schmitts, ist nicht neu. »Das hat die NPD früher auch schon auf kommunaler Ebene gemacht«, erklärt der Leipziger Sozialforscher Kiess. »Neben der Außenwirkung sollte sich die Gewerkschaft auch um eine mögliche Unterwanderung sorgen«, mahnt er.
Auch nach den jüngsten Vorfällen zeigt sich die CGM alarmiert. Der Hauptvorstand nehme die Angelegenheit »sehr ernst« und prüfe mögliche Ordnungsmaßnahmen. Zudem sollen Schulungen verstärkt werden, um sich gegen die Einflussversuche von Zentrum zu wappnen.
Schon 2008 hatte die CGM den späteren Gründer von Zentrum Oliver Hilburger ausgeschlossen. Damals wurde bekannt, dass er in »rechtsradikalen Musikgruppen, Vorfeldorganisationen und Parteien« aktiv war, wie die CGM mitteilt.
Allerdings beschränkt sich das Problem nicht auf Zentrum: Auch Mitglieder der DGB-Gewerkschaften wählen häufiger als der Durchschnitt die AfD, wie eine Auswertung der letzten Bundestagswahl zeigt.
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